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Mann
Für den Mann bedeutet das Reisen mit einer Frau eine erhöhte Belas-
tung. Denn er muss nicht nur alle öffentlichen Handlungen - Bezahlen,
Fahrkartenkaufen, Erkundigungen, Verhandeln usw. - für sich und die Part-
nerin übernehmen, er muss auch in seinem ganzen Gebaren und Auftre-
ten den selbstbewussten und immer abwehrbereiten Beschützer personi-
fizieren. Betritt er mit seiner Partnerin den Langstreckenbus, wird er sie
selbstverständlich an der Fensterseite (gangabgewandte Seite = Innensei-
te) Platz nehmen lassen und sich selbst am Gang niederlassen (Außensei-
te), um den schönen Blick auf die Landschaft nur halb so gut zu genießen.
Wird das Paar von neugierigen und freundlichen Mitreisenden ange-
sprochen (was in der Regel Männer sein werden), so hat er die Unterhal-
tung zu führen, während sich seine bessere Hälfte dezent zurückhält. Was
er auf keinen Fall dulden darf, ist Maßregelung, laute Kritik oder gar eine
„Szene“ seitens seiner (Ehe-)Frau, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit!
Noch schlimmer für sein Image wäre die folgende Szene, die ich in ei-
nem türkischen Badeort beobachtete und die dort - außer den beobach-
tenden Türken! - niemandem auffiel. Der jovial aufgelegte und Deutsch
sprechende Besitzer eines Cafés unterhielt sich kollegial und aufgeräumt
mit einem deutschen Paar aus Almanya, das auf seinen Stühlen Platz ge-
nommen hatte. Die beiden Touristen - beide in Shorts, sie in einem schul-
terfreien Hänger-T-Shirt - fühlten sich sichtlich geehrt durch das besonde-
re Interesse ihres Gastgebers, der bei einem gelungenen Spaß spontan
den Arm um die Frau legte und sie scheinbar unverfänglich herzte - so
wie man es in Deutschland unter guten, aber leicht angetrunkenen Be-
kannten schon mal zu tun pflegt. Als die beiden schließlich das Café ver-
ließen, machte der Besitzer seinem Kellner gegenüber eine triumphieren-
de und wenig respektvo lle Geste. Er hatte in Anwesenheit des Mannes in
einer für Türken deutlich zweideutigen Weise dessen nur spärlich beklei-
dete Ehefrau umarmt - undenkbar bei einem türkischen Ehepaar!
Damit haben Sie als (Ehe-)Mann nicht nur die schwere Last, Ihrer (Ehe-)
Frau alle öffentlichen Repräsentations- und Botendienste abnehmen zu
müssen und sie vor der herumlungernden Männerwelt abzuschirmen, Sie
sollten auch - vor der Reise! - ihre Zwistigkeiten geklärt und eine rollen-
kooperative Partnerin an ihrer Seite wissen. Ein Mann, der von seiner Frau
auf offener Straße gemaßregelt oder herumkommandiert wird oder ihr
während der Reise das Gesprächszepter im mitfahrenden Männerkreis
überlässt - von Schlimmerem wollen wir gar nicht erst sprechen - ist „un-
ten durch“. Und das ist der einzige Vorteil ihrer verantwortungsvollen Rol-
le, mein Herr: Sie bestimmen, wo es langgeht, jedenfalls solange, bis Sie
wieder auf dem Hotelzimmer sind!
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