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ge Kilometer landeinwärts (von Ostanatolien ganz zu schweigen) sieht es
anders aus; ein Mann mit nackten Beinen wird bei noch so großer Hitze
hier Unverständnis hervorrufen, ja bestaunt, vielleicht sogar ausgelacht
werden. In allen Fällen bleibt von Ihrem Ansehen nicht viel übrig.
Aber abgesehen von diesen kleinen stofflichen Einschränkungen können
Sie nun all die Männerherrlichkeiten und -freiheiten genießen, die das
Zusammensein mit Geschlechtsgenossen so mit sich bringt. Ihnen gehört
die Straße; und die Sorge und Aufmerksamkeit, mit der sich Ihr Reisege-
nosse bei Anwesenheit seiner mitreisenden Frau herumzuschlagen hat
(siehe „Paare unterwegs“), können Sie mitfühlend belächeln. Sie sind eben
frei und (als ansonsten zu Schutz und Sensibilität gegenüber der Frau ver-
pflichteter Reisepartner) weit „unverwundbarer“. Bei viel çay und mit noch
viel mehr Keyif können Sie den uneingeschränkten Charme und Frieden ei-
ner unter sich weilenden Männerwelt genießen - no woman, no cry.
Gesprächsverhalten
Bei einem Besuch im zentralanatolischen Ayaz£n parkten wir den Wa-
gen unmittelbar am zentralen Platz des Dorfes. Die Männer in den umlie-
genden zwei oder drei Teestuben musterten uns neugierig, gaben unse-
ren Gruß auch höflich zurück, aber unternahmen sonst erst einmal nichts,
um mit den yabanc£ (Fremden) ins Gespräch zu kommen. Die Tuffstein-
höhlen, derentwegen wir gekommen waren, liegen etwas außerhalb des
Ortes, sodass wir uns zu Fuß auf den Weg machten. Unterwegs wurden
wir von Dorfbewohnern herzlich gegrüßt, ja ein Wagen hielt unaufgefor-
dert, um uns mitzunehmen, was wir dankend abschlugen. Bei unserer
Rückkehr zum Dorfplatz erwartete uns am Wagen ein kleines Empfangs-
komitee, das uns in das kleine Büro des muhtar (Dorfvorsteher) brachte.
Nach einer formell ablaufenden Begrüßung wurde uns Tee serviert.
Während der muhtar uns gegenüber würdevoll vor seinem Schreibtisch
saß, standen ständig drei oder auch vier andere männliche Personen be-
reit, die teils der Unterhaltung zuhörten, teils die Befehle des Dorfvorste-
hers erfüllten. Wir bedankten uns sehr für die ehrenvolle Einladung und
bewunderten die moderne Ausstattung des Büros, wobei wir auch re-
spektvoll das große, über dem Kopf des muhtar hängende Portrait
Atatürks notierten. Das Dorf mache einen sehr guten und schönen Ein-
druck; wie denn der Anschluss an die anderen Dörfer wäre, wieviele Men-
schen hier wohnen, ob viele Fremde vorbeikämen? Mit dergleichen und
anderen Fragen (und einer weiteren Runde Tee) war der gegenseitigen Eh-
renbezeugung Genüge getan. Die Aufforderung, doch noch länger zu
bleiben, wiesen wir dankbar mit dem Hinweis zurück, dass wir am Abend
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