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Körperbehaarung
Womit wir zur Unterscheidung von pis (dreckig, unrein, ekelhaft, unan-
ständig) und temiz (sauber, rein, attraktiv, anständig) kommen; bereits die
Parallele in den vier Wortbedeutungen zeigt, dass es hier um mehr als nur
um Hygiene geht.
Im Falle der Haare haben wir schon bei der Erwähnung von Fitne erfah-
ren, dass der Islam mit der strikten Trennung von Mann und Frau eine Art
ergänzender Gegensätzlichkeit der beiden Geschlechter betont. Und so
wie die geschlechtsspezifischen Räume möglichst sauber, d. h. rein von-
einander getrennt werden sollen, so sollen auch die geschlechtsspezifi-
schen Körpermerkmale klar, d. h. rein unterschieden werden können. 76)
Dies erklärt zunächst, dass beide Geschlechter ihre Schamhaare entfer-
nen, damit das jeweilige Geschlecht klar, also rein hervortritt. Die hier an-
gesprochene Reinheit betrifft die Deutlichkeit und Erkennbarkeit (Klarheit)
des jeweiligen Geschlechts, Haare würden es verdecken und undeutlich
(und damit unklar) erscheinen lassen. „Beseitigt wird, was beiden Ge-
schlechtern gemein ist - der Unterschied wird so hervorgehoben.“ 77)
Schamhaare gelten demnach als pis, und zwar ursprünglich in der Be-
deutung „unrein - undeutlich“; von dieser eher sexualtheoretischen Un-
reinheit ist es dann aber nicht mehr weit zur Vermischung mit dem hygie-
nisch-ästhetischen Begriffsmerkmal des Wortes, nämlich im Sinne von
schmutzig-ekelhaft. Das Schmutzige ist damit das Undeutliche, also das,
was sich wegen fehlender Erkennbarkeit der klaren Zuordnung bzw. Kon-
trolle entzieht. Dieser allgemeine Zusammenhang erklärt, dass Frauen sich
auch Achsel- und Beinhaare entfernen, da Behaarung - mit Ausnahme
des weiblichen Haupthaars - als männliches Merkmal gilt. Während der
Bart einen Mann als Mann klar und attraktiv macht, müssen an der Kör-
peroberfläche der Frau die Haare verschwinden, will sie eine reine, attrak-
tive Frau sein. Die Epilation (a¤da) von Bein-, Achsel- und Schamhaaren
geschieht übrigens mittels einer Paste, die entweder Kiefernharz oder eine
sirupartige Zuckermasse mit Zitronenzusätzen 78) enthält (a¤da kullanmak).
Rituell-religiöse Reinheit
Der gleiche Übertragungseffekt in den verschiedenen Bedeutungen der
beiden Begriffe pis und temiz findet sich im Fall der rituell-religiösen Reini-
gung. Abgesehen von Sachen, die an sich und immer unrein sind (z. B. Ex-
kremente, Schweine und Hunde), gibt es körperliche Zustände bzw. Si-
tuationen der Unreinheit, die es unmöglich machen, in die Moschee zu
gehen oder zu beten und zu fasten, da man sich im Zustand der Unrein-
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