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Gesellschaft) als gemäßigte Kurdenpartei zu versprechen, sodass man teil-
weise schon hoffnungsvoll von einer „kurdischen Initiative“ seitens der Re-
gierung sprach.
Allein - diese Pflänzchen sind, dies zeigt die andere Seite, auch leicht
wieder auszureißen. Die blutigen militärischen Kämpfe zwischen PKK und
türkischer Armee haben den Nationalismus erneut angefacht. Nicht nur
operiertedieArmeeverschiedentlichgegenkurdischeStellungenimNord-
irak, auch das innenpolitische Klima wurde eisig, als PKK-Überfälle immer
mehr türkische Opfer forderten. In diesem Klima wurde im Dezember
2009 die DTP vom Verfassungsgericht verboten, da sie sich nicht deut-
lich genug von den Kämpfern der PKK distanzierte.
So steht man denn wieder (fast) vor alten Fronten. Dabei könnten sich
türkische Politiker für den notwendigen Kompromiss - etwa ein türkisches
HausmitmehrerenbereicherndenethnischenRäumen-durchausbeiden
alten Osmanen die Bauanleitung abschauen. Das nationale atatürksche
Einfamilienhaus passt jedenfalls vorn und hinten nicht mehr - es muss re-
noviert werden. Übrigens im Sinne von Atatürk selbst, denn einer seiner
bekanntesten Aus- und Ansprüche schmückt so manchen Platz in der Tür-
kei: „Frieden im Lande, Frieden in der Welt“. Welch schöne Maxime ...
Land und Stadt - Ost- und Westtürkei
Kulturelle Identität
Turgut stellt das Weinglas auf den Tisch, um mir mit ernster Miene und
perfekter Haltung zum Degustieren einzuschenken - eben so, wie es von
den meist europäischen Gästen des Istanbuler Mittelklassehotels im Stadt-
teil Aksaray erwartet wird. Ich muss ein wenig lachen, zu einstudiert, ir-
gendwie „westlich“ übertrieben, erscheint mir sein Benehmen. Sein Eng-
lisch ist für türkische Verhältnisse geradezu exzellent, jedenfalls viel besser
als mein rudimentäres Türkisch. Drei Jahre lang hat er auf einer Istanbuler
Privatschule Englisch-Kurse belegt, das kostet zwar anfangs, zahle sich
aber hinterher aus.
Turgut kommt aus Istanbul. Wie ihm die Stadt heute denn gefalle, will
ich wissen, es hätte sich ja viel geändert in den letzten zehn Jahren. Sein
Gesicht nimmt einen etwas säuerlichen, ja gequälten Ausdruck an. Eine
Stadt von rund 14 Millionen Einwohnern sei an sich schon ein Problem,
aber die „Veränderung“, die ich anspreche, sehe er höchst kritisch. Er als
alteingessessener Istanbuler fühle sich zunehmend als Minderheit in der
eigenen Stadt. Ich solle mich doch umschauen, in großen Teilen sei die
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