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RückkehrdesIslamgabdenkurdischenScheichsundStammesführernteil-
weise ihre alte tribale Patronatsstellung zurück; viele von ihnen suchten
über die Mitarbeit in Parteien die Zusammenarbeit mit der Regierung und
zogen als kurdische Parlamentarier (in türkischen Parteien) nach Ankara.
Trotzdem blieb das Verhältnis gespannt, und die kemalistische Füh-
rung des Landes achtete argwöhnisch auf Bestrebungen, die in ihren Au-
gen als Separatismus (bölüçülük) oder autonomieorientierter Regionalis-
mus (do¤uculuk) die Einheit des Staates gefährdete. Auf ideologischem
Gebiet versuchten wissenschaftliche Publikationen nachzuweisen, dass
die kurdische Spracheund Ethnie im Kernals türkisch zu geltenhabe ( kürt-
türkleri - Kurdentürken) und ein eigenes Volk der Kurden nicht bestehe.
Der weltweiten Öffentlichkeit wurde das Kurdenproblem besonders
durch die militanten Aktivitäten der PKK ( Partîya Karkêren Kurdistan -
Arbeiterpartei Kurdistans) bewusst. Die in den 1970er-Jahren entstandene
marxistisch-leninistische Organisation wurde von dem ehemaligen Polito-
logie-Studenten Abdullah Öcalan aufgebaut, der seine Partei als militärisch
geschulte Guerilla-Befreiungsarmee gegen das türkische Militär und die
mit ihm kooperierenden Kurdenclans einsetzte und als zweiten Pfeiler die
Internationalisierung des Konflikts betrieb. Als die türkische Armee-
führung nach dem Militärputsch von 1980 die nationalistischen Zügel
wieder anzog und 1983 das gegen die Kurden gerichtete Sprachengesetz
Nr. 2392 verabschiedet wurde (Verbot des Kurdischen auch als gespro-
chener Sprache, 1991 aufgehoben), begann die PKK, die ihr Kommando-
zentrum außerhalb der Reichweite der türkischen Armee in Syrien bzw.
Nordirak installiert hatte, mit Überfällen auf südostanatolische Dörfer und
Armeeeinheiten. Gleichzeitig bemühten sich demonstrierende Sympathi-
santen bzw. Mitglieder der PKK im Ausland um eine Internationalisierung
des Kampfes.
Die Antwort der türkischen Führung bestand in harten militärischen
Gegenschlägen und der Errichtung des Systems des köy korucusu (Dorf-
wächter). Dabei handelt es sich um regierungstreue und vom Staat be-
zahlte Kurden, die in Kooperation mit der Armee ihre Dörfer vor Übergrif-
fen der PKK schützen (auf dem Höhepunkt des Kampfes gab es ca.
80.000 Dorfwächter). Außerdem wurde über die südostanatolischen Pro-
vinzen, in denen fortan bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten, der
Ausnahmezustand verhängt.
Nach dem Golfkrieg 1991 änderte sich die Situation sowohl militärisch
als auch politisch. Im Zuge der Niederlage des Irak und seiner einge-
schränkten Souveränität in den nördlichen Provinzen führte die türkische
Armee seit 1992 grenzüberschreitende Aktivitäten gegen die PKK-Stellun-
gen, die dadurch erheblich geschwächt bzw. zerstört wurden. Gleichzei-
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