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Das Antlitz der Metropole
dener Fernstraßen, was dem kleinen Ort
eine gewisse Bedeutung verlieh. Hier
konnte man im Schutz von Stadtmau-
ern Rast machen, Handel treiben und
schließlich weiterziehen. Bleiben woll-
te allerdings kaum einer, denn andere
Städte in der Nähe waren interessanter
und versprachen bessere Geschäfte.
Nach der christlichen Eroberung dehn-
te sich der Ort etwas aus, vor allem wur-
den Kirchen und Klöster gebaut, einige
davon auch außerhalb der Stadtmauern,
weshalb im 15. Jahrhundert eine neue
Stadtmauer entstand, die all die neuen
Gebiete umschloss. Dann kam das ent-
scheidende Jahr 1561, in dem der Kö-
nig von Toledo nach Madrid umzog. Wa-
rum er dies tat, ist nicht ganz klar, aber
der Entschluss hatte Folgen, denn es gab
weder eine angemessene Königsresi-
denz, noch Quartiere für all die Staatsbe-
amten, Höflinge, Ritter und Geistlichen,
die nun in die Stadt kamen. Es wurde
gebaut und die Stadt wuchs. Da es den-
noch nicht genug Platz gab, wurde ein
königliches Dekret erlassen, nachdem
die Madrilenen die zweite Etage ihrer
Häuser den Hofbeamten zur Verfügung
stellen mussten. Das aber wollte kaum
jemand und so wurden Häuser rasch
„umgebaut“. Nach außen zeigten sie
eine Fassade von nur einer Etage, aber
zum Innenhof blieben es zwei.
Aus der ursprünglichen einfachen Be-
festigungsanlage wurde eine wehrhaf-
te Burg und nachdem diese Weihnach-
ten 1734 abbrannte, entstand an der-
selben Stelle der königliche Palast, der
Palacio Real Ó . Alle Könige, die nach
dem Umzug in Madrid residierten, hinter-
ließen baulich ihre Spuren. So entstand
beispielsweise unter Felipe III. (1578-
1621) die heutige Plaza Mayor Ï .
Madrid sei nichts weiter als ein zu groß
geratenes Mancha-Dorf, also eines die-
ser staubigen, vergessenen Weiler,
durch die Don Quichotte, der Ritter von
der traurigen Gestalt, einst streifte, so
urteilte einmal ein angesehener Literat.
Das war eigentlich nicht nett gemeint,
hat aber doch im Kern einen gewissen
Wahrheitsgehalt. Heute ist Madrid eine
Weltstadt, eine Millionenmetropole und
das unbestrittene Zentrum von Spani-
en - vor gar nicht mal so langer Zeit war
das allerdings noch ganz anders.
Madrid ist heute mit 3,2 Mio. Einwoh-
nern die größte Stadt Spaniens. Betrach-
tet man den Großraum Madrid, leben
dort sogar 6 Mio. Menschen, das sind im-
merhin ca. 13 % der spanischen Bevölke-
rung. Und früher? In den Anfängen im 9.
Jh. war das heutige Madrid ein winziger,
unbedeutender militärischer Außenpos-
ten des riesigen maurischen Reiches mit
seinem prächtigen Zentrum im südspa-
nischen Córdoba. Die Siedlung lag auf
einer Anhöhe oberhalb des Río Manza-
nares und hatte als zentralen Punkt eine
kleine Burg, die Alcázar genannt und von
einer zwei Kilometer langen Mauer ge-
schützt wurde. Knapp zwei Jahrhunder-
te später eroberten christliche Heere den
Militärposten und eine erste zarte Be-
siedlung begann. Alles blieb aber noch
im bescheidenen Rahmen, wie Modelle
im Geschichtsmuseum Museo de los Orí-
genes (s. S. 56) anschaulich zeigen. Ma-
drid befand sich an der Route verschie-
J Vorseite: Schöner geht es kaum:
das Edificio Metrópolis an der Gran
Vía Ì wird abends effektvoll illuminiert
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