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Ü Huertas ***
[D4]
Schriftstellern lesen, die sich entlang der
ganzen Straße finden lassen. Die calle
de Huertas zieht sich fast bis zum Paseo
del Prado hinunter, wo die wichtigsten
Museen der Stadt liegen. Richtig klassi-
sche Sehenswürdigkeiten gibt es kaum
zu entdecken. Die Straßen hier im Vier-
tel sind überwiegend verkehrsberuhigt
(durch Poller), sodass sich der Verkehr in
Grenzen hält. Die Häuser sind nett anzu-
schauen, ohne dass sich - mit wenigen
Ausnahmen - außergewöhnliche Bausti-
le entdecken lassen. Was Huertas aber
einzigartig macht, ist sein Nachtleben. In
diesem Viertel gibt es eine beinahe un-
übersehbare Vielzahl an Bars, Cafés, Re-
staurants und Musikpubs, sodass man
schnell den Überblick verliert. Hierher
kommen sie alle: madrileños, Touristen,
Huertas ist ein historischer Stadtteil, in
dem früher namhafte Literaten lebten
und wo heute das Nachtleben nur so
brodelt.
Dieses zentrumsnahe Viertel trägt
auch den Beinamen Barrio de las Letras
(„Viertel der Buchstaben“), da hier in der
Blüte ihres Schaffens mehrere berühm-
te Autoren des 16. und 17. Jahrhunderts
wie Lope de Vega, Quevedo oder Góngo-
ra lebten.
Wie eine Art Hauptschlagader führt die
calle de Huertas durchs Viertel, sie ist
heute komplett zur Fußgängerzone um-
gestaltet. Das ist gut so, denn nun kön-
nen Besucher viel besser die in den Bo-
den eingelassenen Zitate von berühmten
Literatenzoff im Dichterviertel
Zufällig (?) lebten vier der größten spani-
schen Dichter zum gleichen Zeitpunkt in
Madrid und sogar in unmittelbarer Nach-
barschaft. So richtig grün waren sie sich
untereinander aber nicht. Miguel de Cer-
vantes (1547-1616) schuf den unvergleich-
lichen Roman um Don Quichotte, den Rit-
ter von der traurigen Gestalt. Und ein we-
nig von einer traurigen Gestalt hatte der
Schreiber wohl auch selbst an sich, denn
in seinem Leben ging nicht alles glatt: Fünf
Jahre war er beispielsweise in Algerien als
Geisel in Piratenhand, bevor er freigekauft
werden konnte und den „Quichotte“ veröf-
fentlichte er erst in seinen späten Lebens-
jahren, als er schon die 60 überschritten
hatte. Cervantes lebte eine Zeit lang im Ma-
drider Stadtteil Huertas in einem Haus in
der calle Cervantes 2, wo er 1616 verstarb.
Lope de Vega hatte ein eigenes Haus in
der calle Cervantes 11 und war schon zu
einem gewissen Wohlstand gekommen. Er
nannte Cervantes einmal einen „muerto
de hambre“ (Hungerleider), was nicht
ganz die feine englische Art war, aber
wohl auch nicht völlig an der Realität vor-
beizielte.
Das war aber noch gar nichts, gegen
den lebenslangen Hass, den Luis de Gón-
gora (1561-1627) und Francisco de Que-
vedo (1580-1645) verband. Die beiden
fetzten sich öffentlich und auch in ihren
Schriften und benahmen sich auch sonst
nicht gerade fein. So kaufte Quevedo ein-
mal das Haus, in dem Góngora lebte (cal-
le Lope de Vega 17), aus dem einzigen
Grund, den Dichterkollegen vor die Tür
setzen zu können.
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