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und Geld vereinte und großen Einfluss
auf Wohnflächenvergabe, Schiffsladun-
gen, Steuern usw. hatte. Während der
Blütezeit in den 1880er-Jahren herrsch-
te in Chinatown ein kompliziertes hierar-
chisch-oligarchisches System verwand-
ter Handelsfamilien, das von Außenste-
henden nicht zu durchschauen war. Mit
dem jüngsten Einwandererstrom, der in
den späten 1970er-Jahren begann, ka-
men verstärkt Vietnamesen und andere
Südostasiaten ins Land, die sich bevor-
zugt im billigen Tenderloin District nie-
derließen und -lassen.
Heute soll es in Dai Fao über 70 Tex-
tilfabriken, 10 Verlage, 16 Druckereien
und über 50 Lebensmittelläden geben,
dazu gut 140 Restaurants und mehr als
1000 eingetragene Handelsunterneh-
men. Hier ist der Prozentsatz an Hausbe-
sitzern am höchsten, es gibt die wenigs-
ten Arbeitslosen und mit rund $ 10.000
jährlich das höchste Durchschnittsein-
kommen unter Nichtamerikanern. Die
Chinesen sind strebsam und wollen ih-
ren Kindern die bestmögliche Ausbildung
geben. Die Kehrseite der Medaille ist,
dass hier auch die Ärmsten der Armen
leben, und das in spartanischen Verhält-
nissen. Manche Großfamilie schläft aus
Platzmangel in Schichten und ca. 60 %
aller Bewohner Chinatowns sprechen
Englisch nur rudimentär oder gar nicht.
In letzter Zeit bildete sich ein neuer Geld-
adel der Hongkong-Chinesen heraus, die
hier - wie in Vancouver - dem chinesi-
schen Zugriff auf ihre Heimat entgehen
wollen.
Schlendert man durch Chinatown,
stößt man zunächst auf typische Deko-
rationen und Ornamente wie Laternen,
Bemalungen und Skulpturen, die den
Häusern im Italianate-Stil vorgeblendet
wurden. Das heute „chinesisch-exotische
Flair“ des Viertels ist auf das verheeren-
de Feuer nach dem Erdbeben 1906 zu-
rückzuführen. Der Wiederaufbau erfolgte
durch Nichtchinesen und erst im Laufe
der Zeit kauften Chinesen vermehrt Ge-
bäude auf und gestalteten sie nach ih-
rem Geschmack um.
Heute dominieren die Chinese Ar-
chitecture besonders drei Farben: Rot
für Glück, Grün für langes Leben und
Gold für Reichtum. In den 1970er-Jah-
ren setzte ein neuer Bauboom seitens
der „Asian-Americans“ ein und es ent-
standen u. a. das Zugangstor zu China-
town (Grant Ave./Bush St.), der Bau der
Citicorp Savings (845 Grant Ave.), das
neue Post Office oder der Kong Chow
Temple (Stockton/Clay St.). Open front
shops wurden modern, doch führten die
Öffnung der Fassade und andere dras-
tische Umgestaltungen allmählich zum
Verlust der alten historischen Substanz
und des besonderen Charakters. Spezi-
ell die Grant Ave. um Old St. Mary ist da-
von betroffen.
Chinatown ist zweigeteilt: Die Grant
Avenue ist die Straße der Touristen, des
Kitsches und der Souvenirs, aber auch
der Restaurants. Diese Hauptachse von
Chinatown hieß 1834 noch Calle de la
Fundacion und lag mitten im spanischen
Pueblo Yerba Buena. Nach der Unabhän-
gigkeit nannte man die Straße Dupont
Ave. und im späten 19. Jh. brachten die
Chinesen den bis heute gebräuchlichen
Namen Du Pon Gai auf. Die im Westen pa-
rallel verlaufende Stockton Street dage-
gen ist „closer to the real thing“, wesent-
lich authentischer. Es handelt sich um die
Straße der Einheimischen, wo es frische
Lebensmittel, Obst, Gemüse, Fisch und
Exotisches in Hülle und Fülle gibt.
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