Travel Reference
In-Depth Information
krank in sein Haus zurück. Allerdings
waren die anderen von ihm gestalteten
Projekte so eindrucksvoll, dass ihm die-
ser Fehler schnell wieder verziehen wurde.
Der Künstler bediente sich eines gro-
ßen Mitarbeiterstabes. Die Baumeister,
die nach Rom kamen, hatten gegen die
Konkurrenz Berninis keine Chance. Ihre
Werkstätten wurden meist nach kurzer
Zeit von dem Großunternehmen Bernini
geschluckt.
Der Charakter des Künstlers war
äußerst kompliziert und schwer einzu-
schätzen; vorübergehend konnte er sehr
gut gelaunt sein, dann zeigte er sich wie-
der von seiner arroganten und unnah-
baren Seite. Sein sarkastischer Humor
war in ganz Rom gefürchtet. Er war sehr
fromm, aber den Genüssen des Lebens
nicht abgeneigt. Wenn auch nur von klei-
nem Wuchs, trug er doch immer die neu-
este Mode und auch sein Liebesleben war
sehr ausschweifend - in Rom munkelte
man sogar von einer Geschlechtskrank-
heit, die er sich zugezogen hätte. Er heira-
tete erst spät und es scheint, als sei es eine
harmonische Ehe gewesen.
Mit dem Amtsantritt Innozenz X. er-
litt Bernini einen schweren beruflichen
Rückschlag. Der neue Papst war den sin-
nesfreudigen Werken Berninis gegenüber
eher kritisch eingestellt. Ein Gegenspieler
trat auf den Plan: Francesco Borromini.
Ganz im Gegensatz zu Bernini war er ein
an Depressionen leidender Einzelgänger,
der stark unter seiner niederen Herkunft
litt. Er hasste Bernini dafür, dass dem
Wunderkind immer alles in den Schoß
gefallen war. Borrominis Kunst war viel
beherrschter, nüchterner, weniger spiele-
risch als die seines Kontrahenten. Als sich
nach der Amtsübernahme durch Innozenz
für Borromini die Möglichkeit bot, den Ri-
valen beruflich zu überholen, nutzte er
jede Gelegenheit, um Berninis Ansehen zu
schaden. Letztendlich blieb aber Bernini
der Sieger. Borromini beging, als er er-
kennen musste, dass sein Gegenspieler
nicht zu schlagen war, Selbstmord.
Als Innozenz X. einen Brunnen auf der
Piazza Navona Ð bauen lassen wollte,
beauftragte er verschiedene Künstler, Ent-
würfe anzufertigen. Bernini war nicht da-
bei, aber ein Freund überredete ihn, ein
Modell anzufertigen. Die Reaktion des
Papstes war eindeutig: „Wir müssen in
der Tat Bernini beauftragen. Das einzige
Mittel, seinen Entwürfen zu widerstehen,
ist, sie nicht anzuschauen.“
Von nun an war Bernini wieder der
Baumeister Roms: Er entwarf die Fonseca-
Kapelle in der Kirche San Lorenzo, erbau-
te die Kirche San Andrea al Quirinale und
gestaltete, als Höhepunkt seines Schaf-
fens, die Kolonnaden auf dem Peters-
platz. Berninis Kunst diente der Kirche,
ihren Anspruch auf Weltherrschaft zu
manifestieren; allerdings war sie nach
den Religionskriegen so unglaubwürdig
geworden, dass der Machtanspruch sich
nur noch in der ins Irreale übersteigerten
Kunst Berninis ausdrücken konnte.
Bis zu seinem Tode hörte Bernini nicht
mehr auf zu arbeiten. Er starb im Novem-
ber 1680, nur neun Tage vor seinem zwei-
undachtzigsten Geburtstag.
J Einer der Engel auf der Engelsbrücke,
auch ein Werk Berninis
Search WWH ::




Custom Search