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Die Briten und ihre Zeitungen - das englische Pressewesen
Noch vor wenigen Jahrzehnten galt, dass
ein Brite, wo er stand, saß oder wartete,
sofort seine Tageszeitung aus der Tasche
zog und zu lesen begann - in der drang-
vollen Enge der U-Bahn ebenso wie bei
schönem Wetter zur Mittagspause auf
den Parkbänken eines Square. „Nichts
kennzeichnet die britische Psyche besser
als ihre Leidenschaft für das Pressewe-
sen“, schrieb ein gewisser Mr. Cowper vor
rund 200 Jahren. Heute stellen Smart-
phones und Tablets eine Konkurrenz für
die Printmedien dar. Die meisten Zeitun-
gen bieten eine Onlineversion an und es
ist einfacher, die Seiten elektronisch abzu-
rufen, als eine Papierversion der Zeitung
mit sich herumzutragen.
Aber ob elektronisch oder in Papier-
form - kaum ein anderes westeuropäi-
sches Land hat eine solche Fülle an täg-
lich erscheinenden Zeitungen vorzuwei-
sen wie Großbritannien und der Leser
kann zwischen einer Vielzahl von Druck-
erzeugnissen wählen. Etwa 50 % aller Bri-
ten lesen eine Tageszeitung und 70 % eine
Sonntagszeitung.
Für den Besucher, der mit der engli-
schen Presselandschaft wenig vertraut ist,
stellt sich die Frage nach dem geeigneten
Blatt für die tägliche Lektüre. Die folgen-
de, sehr subjektive Übersicht will ein we-
nig Hilfestellung geben.
Ganz unten auf der Qualitätsskala ran-
giert die sogenannte Yellow oder auch
Tabloid Press (Regenbogenpresse), ver-
gleichbar mit unserem „Bildzeitungsni-
veau“. The Sun hat hierbei die größte Auf-
lage. 4 Mio. Exemplare werden täglich
ausgeliefert. Schätzungen zufolge lesen 10
Mio. Menschen Tag für Tag in der Sun.
Weiterhin gehören der Daily Mirror (einst
ein traditionsreiches linkes Arbeiterblatt)
und der Daily Star zur Tabloid Press.
Kaum besser - wenngleich vom Selbst-
verständnis der Zeitungsmacher im hö-
heren Qualitätsbereich liegend - sind die
Blätter der sogenannten Mid-Market-
Dailies: Dazu gehören Daily Mail und
Daily Express. Während bei den oben
genannten Boulevardblättern Fotos und
großgedruckter Text den Inhalt bestreiten,
liefern diese Zeitungen handfeste Berich-
te und der Leser bekommt einen Eindruck
von den aktuellen Geschehnissen.
Zur Quality Press gehören der Guardi-
an, die Times, der Daily Telegraph, die Fi-
nancial Times und der Independent. Der
britische Journalist Ryan Chandler hat
die folgende, höchst treffende Charakte-
risierung über diese fünf Blätter abgege-
ben: „Der Guardian wird von denjenigen
gelesen, die das Land verändern möch-
ten, in die Times schauen diejenigen, die
das Land wirklich regieren, aus dem Dai-
ly Telegraph informieren sich die Leute,
die glauben, dass sie das Land regieren,
die Financial Times blättern diejenigen
durch, denen das Land gehört, und den
Independent liest der, der das Land re-
gieren möchte, falls jemand für ihn votie-
ren würde.“ Der Guardian steht links von
der Mitte, die Times ist bürgerlich-kon-
servativ, ebenso der Daily Telegraph, die
Financial Times ist das Fachblatt für die
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