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Die nächste aktenkundige Eintragung
bezieht sich auf Shakespeares Hochzeit.
Im Alter von 18 Jahren heiratet er am 30.
November oder am 1. Dezember 1582 die
acht Jahre ältere Anne Hathaway. Die
Formalien für die Eheschließung waren
mit großer Eile vorangetrieben worden,
denn Anne war schwanger. Am 26. Mai
1583 wird die Tochter Susanna geboren,
zwei Jahre später, am 2. Februar 1585,
die Zwillinge Hamnet und Judith: Der
Knabe stirbt mit elf Jahren, die beiden
Mädchen überleben die Kindheit.
Von 1585 bis 1592 gibt es in Shakes-
peares Biografie erneut eine Lücke, keiner-
lei Aufzeichnungen verraten etwas über
sein Leben. Diese undokumentierten sieben
Jahre haben Anlass zu einer ganzen Rei-
he von teilweise wilden Spekulationen und
Legendenbildungen gegeben. Das Problem,
dass diese sogenannten „Lost Years“ (ver-
lorenen Jahre) für die Biografen aufwirft,
ergibt sich aus der Tatsache, dass Shakes-
peare 1592 an einem anderen Ort, näm-
lich in London, und bereits als namhafter
Autor und Schauspieler wieder in das Licht
der Geschichte tritt. Irgendwie hatte er - so
nimmt man an - seinen Weg in eine fah-
rende Schauspielertruppe gefunden.
Stratford bot dafür gute Voraussetzun-
gen, denn Tourneetheater gastierten re-
gelmäßig in der Stadthalle - für die Jah-
reswende 1586/87 werden fünf Truppen
urkundlich erwähnt. Sehr wahrschein-
lich hat sich Shakespeare dem Ensemble
der Queen's Men angeschlossen, die wäh-
rend ihrer Aufführungen in Stratford ei-
nen Schauspieler durch ein Duell verlo-
ren. Shakespeare dürfte diese Lücke aus-
gefüllt und sehr bald Stücke für die Trup-
pe geschrieben haben.
Wenngleich das Theaterwesen keine
eigene Zunft hatte und außerhalb jegli-
cher Gildenbestimmungen stand, war
ein Ensemble doch nach den Prinzipi-
en eines Handwerksbetriebs organisiert.
Ganz oben stand der Master, der Chef
der Truppe, der Pächter oder auch Be-
sitzer des Theatergebäudes; ihm nach-
geordnet, etwa im Rang von Gesellen,
15-20 fest angestellte Schauspieler, die
jedoch kein reguläres Gehalt bekamen,
sondern am Einspielergebnis beteiligt wa-
ren. Aushilfskräfte („Hired Hands“) ver-
stärkten die Gruppe, hinzu kamen noch
Jungschauspieler als Lehrlinge, die vor
allem Frauenrollen spielten, denn auch
das Theatergeschäft war eine reine Män-
nerangelegenheit (Frauen ließ man erst
rund 100 Jahre später, nach der Restau-
ration des Königshauses, auf die Büh-
ne). Für Shakespeare, der vor allem Au-
tor und weniger Schauspieler sein wollte,
bedeutete ein fester Platz in einem Ensem-
ble bares Geld und er war damit wesent-
lich besser situiert als die freien Schrift-
steller, die Truppen gegen ein Pauschalho-
norar mit Texten für ein Stück versorgten
und oft in bitterer Armut lebten.
Auf alle Fälle taucht William Shake-
speare am 3. September 1592 bereits als
bekannter Mann und hoch geachteter Au-
tor in London auf. Wir wissen so genau
darüber Bescheid, weil der Dramatiker
und Stückeschreiber Robert Greene mit ei-
ner wilden Attacke über Shakespeare her-
fällt. In seinem Pamphlet „Ein Groschen
Witz gekauft für eine Million Reue“ („A
Groatsworth of Wit bought with a Million
of Repentance“) schimpft Greene über die
Schauspieler, über „diese Marionetten, die
nur mit unserem Mund sprechen“, diese
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