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Samuel Pepys - Londons Chronist im 17. Jahrhundert
Im Jahre 1660 begann der damals 27-jäh-
rige Samuel Pepys (sprich: Pieps) ein Ta-
gebuch zu führen, das uns einen tiefen
Einblick in das Londoner Alltagsleben
des 17. Jh. ermöglicht. Pepys, ein pedan-
tischer und akribisch genauer Beamter
im Flottenministerium, beschrieb mit „ge-
salbten Worten“ die großen politischen
Ereignisse jener Zeit ebenso wie seine (viel-
fältigen) amourösen Abenteuer, listete pe-
nibel Ein- und Ausgaben auf, kommen-
tierte das öffentliche Leben in Britanniens
Metropole und hinterließ uns vergnügli-
che Anekdoten. Wenngleich von Haus aus
weder mit Reichtum noch allzu großer Bil-
dung ausgestattet, besuchte Pepys in Lon-
don die St. Paul's School und studierte da-
nach in Cambridge klassische Sprachen
und Mathematik. Darüber hinaus befass-
te er sich mit Stenografie (sein Tagebuch
war in einer gängigen Kurzschrift der da-
maligen Zeit verfasst), spielte verschiede-
ne Instrumente und versuchte sich gar im
Komponieren.
Nach dem Examen trat er als Sekretär
in die Dienste von Lord Edward Montagu,
mit dem er verwandt war. Im Alter von
22 Jahren heiratete Pepys die erst 15-jäh-
rige Elisabeth St. Michel, die er (nach eige-
nen Angaben) ein Leben lang heftig liebte,
was ihn jedoch nie daran hinderte, sie bei
jeder sich bietenden Gelegenheit zu „be-
trügen“ (sein Tagebuch gibt darüber er-
schöpfend Auskunft). Gleichzeitig war er
jedoch extrem eifersüchtig, was seine Frau
anbetraf (15. Mai 1663): „Als ich (...) spät
nach Hause kam, fand ich meine Frau al-
leine mit dem Tanzmeister in einem Zim-
mer, nicht tanzend, sondern auf und ab
gehend. Jetzt bin ich so voll tödlicher Eifer-
sucht, dass mir Herz und Kopf rasen und
ich nicht mehr arbeiten kann. Schimpfte
über alles, ging dann plötzlich ins Bett,
konnte aber nicht schlafen und trau-
te mich nicht, etwas zu sagen. Schämte
mich auch, wie ich auf alles mögliche ach-
tete, ob meine Frau z. B. heute Unterhosen
getragen hat wie immer oder nicht, um
meinen Verdacht bestätigt zu sehen; einen
richtigen Beweis fand ich aber nicht“).
1657, zwei Jahre nach der Hochzeit,
trennte sich Pepys vorübergehend von sei-
ner Frau. Ein Jahr später musste er sich
einer für die damalige Zeit gefährlichen
Blasensteinoperation unterziehen. Der
glückliche Ausgang dieses chirurgischen
Eingriffs wurde fortan jährlich mit ei-
nem großen Festessen begangen (26. März
1661: „Heute ist der große Tag, an dem
ich vor drei Jahren meine Blasensteine
losgeworden bin, und, Gott sei gesegnet,
ich bin seitdem völlig ohne Schmerzen.
Sehr lustiges Mittagessen, weil Mrs. Tur-
ner und ihre Familie wegen der Fastenzeit
kein Fleisch aßen, ich aber große Mengen
verzehrte, was ihnen das Wasser im Mund
zusammenlaufen ließ“.
Im April 1660, nach Beendigung des
Bürgerkriegs und nachdem das Parlament
eine Restauration der Monarchie beschlos-
sen hatte, nahm Pepys an der Expedition
teil, die König Karl II. von Holland zurück
nach England führte. Sein Protegé, Lord
Montagu, wurde vom König mit einfluss-
reichen Ämtern bedacht und verschaffte Pe-
pys einen lukrativen Posten im Flottenamt.
Dort stieg er rasch zum leitenden Beamten
auf, hatte ein Jahreseinkommen von 350
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