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arbeiten mit Paste-ups (mit Leim aufgetragene Papierlächen), Stancils (aus Papier,
Holz oder Metall vorgefertigte Schablonen), mit Kacheln, Fliesen, Mosaiken, mit
Farben aller Art oder selbstklebenden Stickern. Ihre Werke sind ot getränkt mit
sozio-politischer Bedeutung und stellen einen künstlerischen Gegenpol zur omni-
präsenten, den Alltag durchdringenden Werbung dar.
Ot richtet sich Street Art gegen Gentriizierung, Konsumismus, Kapitalismus
und öfentliche Ordnung. Meistens aber, ich will es nicht gloriizieren, wird auf
eine Botschat verzichtet, und das Werk ist einfach nur schön, lustig oder setzt
ein trotzig-freches Ausrufungszeichen. Es gibt eine gewisse Rivalität zwischen
Street Art und Graiti. Graiti sind nur mehr oder weniger kunstvoll
hingekritzelte Namen, Buchstaben, sagen die Street Artists. Die Graitigemeinde
aber versteht sich als pur, rebellisch und unbestechlich. Gemein haben sie den
Basiskonflikt, den die Nähe von Kunst und Vandalismus mit sich bringt.
Die Beschätigung mit dieser Art von Kunst hat meinen Blick auf Städte ver-
ändert. Nie wäre mir sonst dieser Gullydeckel oder jener Brückenpfeiler aufge-
fallen, nie häte ich einen Blick übrig gehabt für Architektur, die so alltäglich ist,
dass ich aufgehört habe, sie wahrzunehmen. Die sich aufdrängende Werbung hat
mich nie auf die schöne Rundung der Hausecke aufmerksam werden lassen, auf
die Struktur der Mauersteine. Die Künstler fallen nicht über schönste Art déco-
Villen her, sondern über Autobahnbrücken, Verteilerkästen und Unterführungen.
Tote Industrie-Architektur wird belebt und aus dem reinen Funktionalismus ge-
hievt.
Vor allem ist Street Art ein Dialog. Die vorhandenen Werke werden immer
wieder modiiziert, übersprüht, »ausradiert«. Ein Dialog der Künstler untereinan-
der, ein Dialog der Stadt mit dem Betrachter. Sie wispert ihm ins Ohr. Um zu
hören, muss er bloß seine Augen aufmachen.
Inzwischen ist auch das Establishment aufmerksam geworden. Einzelne Künstler
haben es längst in die großen Galerien und Museen geschat. Allen voran
Swoon, die mit ihren manchmal entrückt schönen Linoleumdrucken und vor al-
lem ihren komplexen und iligranen Scherenschniten als erste Street Art-Künst-
lerin in die heiligen Hallen des MoMa aufgenommen wurde. Swoon ing nach
ihrem Kunststudium damit an, Werbeplakate, die sie verärgerten, zu modiizieren
oder völlig zu überkleben. Später organisierte sie Gruppen, die frühmorgens auf
einen Schlag zwanzig riesige Werbetafeln in einem Straßenzug mit ihren
Arbeiten überklebten und somit die Straße völlig veränderten. Eine andere ihrer
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