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Es gibt Drive-in-Cafés, Drive-in-Restaurants und Drive-in-Kirchen. Autos sind
das verlängerte Wohnzimmer, und besonders deutlich wurde das nach einem
Open-Air-Konzert in der Hollywood Bowl. Unsere ursprüngliche Freude über
den günstig gelegenen Parkplatz wich nach dem Konzert dem blanken Entsetzen.
Wir waren eingeparkt, und zwar von nicht weniger als dreizehn Reihen - links,
rechts und hinter uns! Ein abgezäunter Wiesenstreifen mit Bäumen trennte uns
von der Straße davor. Aber eigentlich ging die Party hier erst richtig los. Ruck,
zuck waren Tische und Stühle aufgeklappt, Kerzen wurden angezündet, Grills
aufgebaut, Kühlboxen entleert. Aus den geöfneten Koferräumen wummerte
Musik, und ab und an wehte würziger Rauch vorbei (wir kamen an diesem Abend
von einem Reggae-Konzert). Aus dem Nichts hate sich der zuvor tote öfentliche
Raum belebt, wie eine Flaniermeile in Europa. Und niemand hate es eilig, nach
Hause zu kommen.
Unsere europäische Ungeduld und Aggressivität ist im Verkehr von L. A. gänz-
lich unbekannt. Niemand denkt, er würde früher von der Ampel wegkommen
und Zeit gewinnen, wenn er schnell in eine Lücke vorschießt. Allein schon das
Hupen unterscheidet sich sehr von unserem: Bei uns ist die Benutzung der Hupe
ot eine hochemotionale Angelegenheit oder zumindest verbunden mit einer
forschen Ansage: Ich bin im Recht. Wie ot habe ich in Deutschland beobachtet,
dass jemandem an der Ampel der Wagen absäut, und obwohl davon ausgegan-
gen werden kann, dass der Fahrer ohnehin beschämt alles Erdenkliche tut, um
schnellstmöglich davonfahren zu können, gibt es immer jemanden, der hupend
noch seinen Kommentar abgeben muss. Manchmal entstehen sogar Hupdialoge,
wie Köter, die sich gegenseitig anbellen.
Wenn in Los Angeles jemand an der Ampel einnickt, wird kurz, fast
schüchtern gehupt - oder einen Hauch vehementer, wenn eine wasserstofblonde
Dame im Rückspiegel ihre Wimpern tuscht und der Verkehr um ihr Fahrzeug
herumließen muss. Aber Vorsicht, wie so ot in Los Angeles täuscht auch hier
der friedliche Schein. Eine Sache wird hier überhaupt nicht geschätzt. Biegt man
nämlich an einer großen Kreuzung links ab, so hat man nur ein sehr kleines Zeit-
fenster, um zwischen dem stehenden uerverkehr und den auf der Gegenspur
noch wartenden Fahrzeugen hindurchzulitzen. Wenn man diesen Moment ver-
passt, werden die Fahrer hinter einem genauso sauer wie bei uns. Als ich mich in
typisch deutscher Manier von dem Unmut einmal anstecken ließ und zurückbel-
len wollte, grif allerdings meine Beifahrerin erschrocken ein und sagte, ich solle
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