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Sie hat zwar den einen oder anderen Mann schon öter als zwei Mal getrofen,
aber zu einem richtigen driten Date hat sie es noch nie kommen lassen. Sie kom-
mt ursprünglich aus Frankreich, hat aber tunesische Eltern und ist länger in Kali-
fornien geblieben, als sie gedurt häte. Sie kann nicht ausreisen, weil man ihr als
»Illegale« die nächste Einreise verweigern würde. Sie will nirgendwo anders
leben. Alle sagen immer, hier zu überleben sei so hart. Sie indet das gar nicht. Jo-
hara hat ihre Nische gefunden. Los Angeles war gut zu ihr. Sie gibt privaten Fran-
zösischunterricht, meistens für die Kinder von Celebrities, die ihre Kinder aufs
Lycée Français schicken. Wenn es dort dann nicht so läut, kommt Johara ins
Haus und hilt nach.
In Paciic Palisades hat sie die Kids von »Spiderman«-Regisseur Sam Raimi un-
terrichtet. Nebenan wohnt Bono, und ein Stück weiter wohnen Ben Aleck und
Spielberg. Bei einem der Stars musste sie einen Vertrag unterschreiben, der sie zu
Stillschweigen über alle Vorgänge im Haus verplichtete, und ich bohre nicht
weiter nach. Es ist nicht so, dass Johara scharf wäre auf Celebritys, das hat sich
so ergeben. In Los Angeles gehört es in den besseren Kreisen zur guten alten
Schule, die Kinder entweder zum Ballet zu schicken oder Französisch lernen zu
lassen. Wobei die Prominenten auch nicht besser zahlen als andere Leute.
Johara mag es, wenn der Mann weiß, was er will, und zum Beispiel
entscheidet, wo man sich das erste Mal trit. Sie mag, wenn er die Tür auhält,
die Rechnung bezahlt. Chivalry nennt man das Verhalten eines solchen Ben-
immspezialisten: Riterlichkeit. Sie mag es, wenn der Mann ihr etwas
Aufmerksamkeit entgegenbringt. Warum sie sich mit mir habe trefen wollen? Sie
sei neugierig gewesen, und es sei ja kein richtiges Date, außerdem vermisse sie
ihre Sprache. Ich spräche doch aber nur ganz schlecht Französisch? Egal, ich
käme aus Europa, und Europa fehle ihr eben ein wenig. Was genau sie denn ver-
misse, frage ich, aber sie kann es nicht richtig greifen.
Wir Deutschen haben ein wunderschönes, schwer übersetzbares Wort dafür:
Heimweh.
Josy mochte unser Date so sehr, dass sie vorschlägt, wir könnten uns beim näch-
sten Mal doch zu mehreren trefen. Ihren zwei Single-Freundinnen hat sie schon
von der Idee erzählt. Wenn ich bei meiner Recherche noch auf einen interess-
anten Mann trefe, solle ich ihn doch bite mitbringen. Je mehr, desto besser.
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