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Eine Zeit lang plappert mein interner Skeptiker Halbsätze wie »Die hat mich
bestimmt gegoogelt« oder »Das hat ihr unser gemeinsamer Bekannter vielleicht
erzählt«.
Ich überlege, ob sie wirkliche Fähigkeiten hat oder ihre Rolle nur gut spielt. Bis
ich merke, dass diese Frage eigentlich völlig unerheblich ist. Die Karten, die
Kartenlegerin, die ganze Situation ist nur ein Gefährt, das mich in Bewegung
bringen soll. Laura Bushnell erinnert mich daran, bestimmte Aspekte meiner Per-
sönlichkeit nicht unter den Teppich zu kehren, und auch daran, meine ualitäten
zu plegen.
Wie nirgendwo anders achtet man in L. A. auf Körper und Geist, ist man im Eink-
lang mit der Natur, in Kontakt mit seiner Mite. Man kaut bei Whole Foods und
ernährt sich ot vegan. In jedem Yoga-Studio schicken die Übenden Licht in ihre
Chakren und chanten Silben, deren Bedeutung ihnen fremd ist. In jedem
Schaufenster, das suggerieren soll, dass es drinnen im Laden Dinge gibt, die
einem gutun, steht ein Ganesha oder Buddha, in den Spas sowieso. Die Tat-
toomeister in Silver Lake sind spezialisiert auf wütende hinduistische Gotheiten.
OM, PEACE und AMEN, so tönt es von allen Seiten.
Mein Spot ist ungerecht, und ich beschreibe nur diese eine Gruppe von
Menschen, mit denen sich L. A. gern nach außen präsentiert. Die Gesunden,
Schönen, ewig Jungen. Die Surfer, Yoga-Maniacs, die Jogger, die noch vor der
Arbeit durch die Canyons laufen. Die Glücklichen und gut Gelaunten. Menschen,
die genug Zeit und Geld haben, um es sich leisten zu können, auf der Suche nach
sich selbst zu sein. Der Großteil der Bewohner sind jedoch die Arbeiter. Die
Menschen kämpfen hart, um ihren Job zu behalten, ihre Familien zu versorgen,
vielleicht Schulgeld zu verdienen. Nicht wenige arbeiten zusätzlich in einem
zweiten Job und träumen davon, ihren Kindern den Luxus einer freien Wahl zu
ermöglichen. Es gibt die, die haben, und die, die nicht haben. Immer wieder höre
ich diesen Satz. Diese Menschen haben nicht die Zeit und Krat, nach ihrer Mite
zu suchen, sich zu entspannen, mal an sich zu denken. Mit Spiritualität wird ganz
profan umgegangen: Zu Hause hängt ein Kruziix oder eine bunte Madonna mit
blinkendem Heiligenschein: Nuestra Señora de la Misericordia . Und sonntags be-
sucht man die Messe. Das muss reichen.
Los Angeles hat hinter Tel Aviv, New York und Haifa die viertgrößte jüdische Ge-
meinde der Welt, und ganz allgemein gibt es wohl keine Religion, die hier nicht
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