Information Technology Reference
In-Depth Information
Es ist zweifellos wünschenswert, das Modell einmal mit realen Zahlen von „wirklichen“
Epidemien zu testen. Falls sich epidemiologisch interessierte Mediziner oder Statistiker unter
unseren Lesern finden sollten, wären wir für entsprechende Rückmeldungen dankbar.
Wir zeigen dies Modell, wie eingangs bemerkt, um die Variabilität von ZA-Modellierungen zu
demonstrieren. Natürlich lässt sich die Ausbreitung von Infektionskrankheiten auch durch
einen ZA modellieren, in dem die Zellen einzelne Menschen repräsentieren. Aber es geht auch
anders und das kann man an dieser etwas ungewöhnlichen Vorgehensweise sehr gut erkennen.
2.4.2 Modellierung von Meinungsbildungsprozessen durch stochastische ZA
OPINIO (von lateinisch opinio = Meinung) ist ein stochastischer Zellularautomat mit einem
Feld von gewöhnlich 4000 Zellen; dies kann manuell verändert werden Die Zellen haben 9 ver-
schiedene Zustände (Status), die jeweils eine politische Meinung in einem Meinungsspektrum
von „links“ (= 1) bis „rechts"(= 9) symbolisieren sollen. Ein Teil der Zellen gilt als unbesetzte
Plätze mit dem Zustand 0. Der Zellularautomat hat einen Rand von unbesetzten Plätzen.
Jedes Mitglied befindet sich in einem bestimmten Umfeld anderer Mitglieder mit jeweils be-
stimmten Meinungen; dem entspricht im ZA die Moore-Umgebung. Die Dynamik des Systems
entsteht durch das „Interesse“ jedes Mitglieds, sich in einer Umgebung mit möglichst ähnli-
chen politischen Überzeugungen wiederzufinden.
Dazu hat es zwei Handlungsmöglichkeiten:
1. Es kann seine Überzeugung der der Umgebung anpassen oder
2. in eine ihm passendere Umgebung „umziehen“.
Die Mitglieder der hier simulierten „Gesellschaft“ handeln also nach ganz einfachen, lokalen
Regeln. Daraus entstehen unter gewissen Bedingungen globale emergente Phänomene, hier vor
allem Segregationserscheinungen und Clusterungen.
Ein Cluster ist als eine Menge von Zellen im gleichen Zustand z definiert mit der Bedingung,
dass jede der Zellen des Clusters in ihrer Moore-Umgebung mindestens eine Zelle im gleichen
Zustand z hat.
Die Transformationsregeln von Opinio werden folgendermaßen definiert: Eine Zelle, die sich
in einer Umgebung wieder findet, die im Durchschnitt eine abweichende Meinung hat (wobei
leere Zellen nicht gerechnet werden):
x kann reagieren, wenn die Differenz ihrer Meinung zur Durchschnitts-Meinung der Umge-
bungszellen einen Schwellenwert (var) überschreitet, und
x reagiert mit einer bestimmten Reaktionswahrscheinlichkeit (wreact), wobei wreact = 0.0
bedeutet: „reagiert nie“ und wreact = 1.0. bedeutet entsprechend: „reagiert immer“.
Wenn die Zelle reagiert, dann kann sie
x
entweder ihre Meinung um einen Skalenwert 1 höher oder niedriger setzen (je nach der
Durchschnittsmeinung der Umgebung) oder
x
in eine „passendere“ Umgebung umziehen, sofern dort eine Stelle leer ist, deren Umge-
bungsmeinung hinreichend nahe zur eigenen Meinung, d. h. in einer bestimmten Bandbrei-
te darum liegt, die um einen „Verbesserungsfaktor“ (fvar) geringer ist als der doppelte
Schwellenwert. Das heißt, die Umgebungsmeinung muss dichter als fvarvar an der eige-
nen Meinung liegen, oder praktisch gewendet, je kleiner der Verbesserungsfaktor ist, desto
dichter muss die Umgebungs-Meinung an der eigenen sein, bevor eine Zelle in die neue
Umgebung umzieht.
Search WWH ::




Custom Search