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nicht kanalisierend, wie man sich anhand der obigen Wahrheitsmatrix sowie der graphischen
Darstellung sofort überzeugen kann (Binärer Code: 0101; s. Bild 2-6). Die Implikation dagegen
ist kanalisierend, jedoch nur in Bezug auf eine Variable.
Frage: Welche ist das?
Der C-Parameter misst das Verhältnis von kanalisierenden Funktionen in einem BN zu allen
Funktionen. Generell gilt, dass proportional viele kanalisierende Funktionen einfache Dynami-
ken erzeugen und umgekehrt. Die beiden Funktionen f und g im obigen Beispiel sind jeweils
kanalisierend. Damit ergibt sich eine theoretische Erklärung für das sehr einfache Verhalten
des obigen Netzes: Beide wirksamen Ordnungsparameter erzeugen eine einfache Dynamik
wegen des relativ hohen P-Wertes einerseits und der Tatsache andererseits, dass es nur kanali-
sierende Funktionen gibt.
Kauffman (1993) hat die Behauptung aufgestellt, dass K, also die ggf. durchschnittliche Größe
der Umgebung in einem BN, ebenfalls ein Ordnungsparameter ist in dem Sinne, dass bei K > 2
komplexe Dynamiken erzeugt werden und dass bei K = 2 oder K = 1 bei zufallsgenerierten BN
praktisch nie komplexe Dynamiken auftreten. Diese Annahme, die mehrfach in der Sekundärli-
teratur wiederholt wurde, konnte von uns so nicht bestätigt werden aufgrund eigener Untersu-
chungen in unserer Arbeitsgruppe (vgl. Klüver und Schmidt 1999): Bei K = 2 oder K = 1 treten
bei zufallsgenerierten BN praktisch immer sehr viele kanalisierende Boolesche Funktionen auf,
da es für K = 1 nur kanalisierende Funktionen gibt - per definitionem - und bei K = 2 von den
16 möglichen nur die XOR-Funktion und die Äquivalenz nicht kanalisierend sind. Daraus
erklären sich die einfachen Dynamiken für die Fälle K = 1 und K = 2. Bei größeren K-Werten
nimmt dann die Anzahl der kanalisierenden Funktionen sprunghaft ab, so dass hier der C-
Parameter nicht mehr stabilisierend wirkt. Damit kann K nicht als unabhängiger Ordnungs-
parameter angesehen werden. Darüber hinaus zeigt bereits ein Blick auf Zellularautomaten,
dass K nicht in dem von Kauffman behaupteten Sinne wirksam sein kann: Es ist sehr leicht
möglich, Zellularautomaten mit einer Moore-Umgebung zu konstruieren bzw. zufällig generie-
ren zu lassen, also K = 8, die prinzipiell nur sehr einfache Dynamiken erzeugen. 5
Die Topologie eines BN enthält jedoch ebenfalls Ordnungsparameter, wie bereits angemerkt.
Dies ist insbesondere von unserer Arbeitsgruppe untersucht worden, die den sog. v-Parameter
entdeckt hat (Klüver und Schmidt 1999 und 2007). Der v-Parameter wird für ein BN folgen-
dermaßen berechnet:
v = «(OD - OD min ) «/ «(OD max - OD min ) «
(2.16)
mit 0 d v d 1, wobei OD die als Vektor geschriebene, absteigend geordnete Außengradsequenz
des Graphen des BN ist und OD min sowie OD max der minimal mögliche bzw. der maximal
mögliche Außengrad (engl. outdegree) sind. (Wir bitten um Entschuldigung dafür, dass wir
diese graphentheoretischen Ausdrücke hier nicht näher erläutern, sondern auf unsere erwähnte
Einführung in die mathematisch-logischen Grundlagen der Informatik verweisen.)
Vereinfacht ausgedrückt misst dieser Parameter das proportionale Maß der Wirkungsmöglich-
keiten der einzelnen Einheiten auf andere. v wirkt sich als Ordnungsparameter derart aus, dass
eine ungefähre Gleichverteilung der Anzahl der Wirkungen, die eine Einheit jeweils auf andere
ausübt, komplexe Dynamiken erzeugt; sind diese Wirkungen ungleich verteilt, wie im obigen
5
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass jede 3- oder mehrstellige Boolesche Funktion als Kombi-
nation von zweistelligen Funktionen dargestellt werden kann, für die dann wieder das Kauffmansche
Kriterium gelten müsste. In einem logischen Sinne „gibt“ es danach eigentlich gar keine Booleschen
Funktionen mit K ! 2.
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