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zum Thema Erklärung und Simulation). Da Experimente im naturwissenschaftlichen und tech-
nischem Sinne in den Sozial- und Kognitionswissenschaften häufig gar nicht möglich und auf
jeden Fall nur sehr schwer zu reproduzieren sind, ist die Simulation der theoretisch fundierten
Modelle nicht selten der einzige Weg, Theorien einigermaßen sorgfältig zu testen.
2. Entwicklung von Theorien auf der Basis von Computermodellen:
Damit ist gemeint, dass ein „dialektischer“ Zusammenhang von theoretischen Vorannahmen,
Modellentwicklung, experimenteller Modellüberprüfung, Revision und Erweiterungen der
theoretischen Annahmen sowie des Modells etc., besteht. Diese Vorgehensweise ist bekannt
aus den Naturwissenschaften, in denen ein ständiges Wechselspiel zwischen experimentellen
Überprüfungen und theoretischen Konstruktionen besteht, aus denen die endgültig formulierten
Theorien schließlich hervorgehen. Die Sozial- und Kognitionswissenschaften erhalten jetzt
zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Möglichkeit, ihre eigenen Probleme auf eine Art zu
behandeln, die denen der Natur- und Technikwissenschaften formal entspricht.
Daraus ergeben sich methodische Konsequenzen für die Konstruktion von Computermodellen:
Zu Beginn einer Modellierungsarbeit sollten nur einfache, im Sinne von überschaubaren, Mo-
delle entwickelt werden, die in ihrem Verhalten genau analysierbar sind. Ist die Wechsel-
wirkung zwischen den Elementen sowie die Auswirkung von einzelnen Parametern hin-
reichend nachvollziehbar, dann kann das Modell um weitere Elemente bzw. Parameter erwei-
tert werden. Damit entsteht eine permanente Wechselwirkung zwischen Theoriebildung und
Überprüfung der Annahmen durch Computerprogramme. M.a.W.: Es wird dafür plädiert, Mo-
dellkonstruktionen so durchzuführen, dass zuerst nur relativ einfache Modelle konstruiert und
analysiert werden. Dabei ist programmiertechnisch darauf zu achten, dass die Modelle leicht
erweiterungsfähig sind. Anschließend kann durch entsprechende Erweiterungen die Komplexi-
tät der Modelle sukzessive gesteigert werden, bis die Komplexität des zu modellierenden Be-
reichs im Modell adäquat wiedergegeben wird.
3. Untersuchung allgemeiner Eigenschaften beliebiger Systeme:
Auf der Basis „reiner“ formaler Systeme sollen generelle Aussagen gemacht werden über die
Gesetzmäßigkeit des Verhaltens beliebiger Systeme. Damit ist Folgendes gemeint: Wenn man
formale Systeme wie z. B. Zellularautomaten als Untersuchungsobjekte sui generis versteht,
dann ist vor allem wesentlich, dass es sich bei diesen formalen Systemen um solche handelt,
die äquivalent zu Universalen Turing Maschinen sind. Deren Universalität erlaubt es, verein-
facht gesprochen, jedes beliebig komplexe System mit einem formalen System zu modellieren,
das einer universalen Turing Maschine logisch äquivalent ist (Church-Turing-Hypothese). Die
Eigenschaften derartiger formaler Systeme müssen dann zwangsläufig für jedes reale System
gelten, da dieses durch ein entsprechendes formales System grundsätzlich beliebig detailliert
modellierbar ist. Von daher lassen sich bereits aus der Analyse formaler Systeme wie Zellular-
automaten oder Boolescher Netze wesentliche Erkenntnisse für das Verhalten z. B. sozialer,
kognitiver oder auch natürlicher, d. h. physiko-chemischer und biologischer, Systeme gewin-
nen. Im Subkapitel über Zellularautomaten und Boolesche Netze werden wir dieses Vorgehen
am Beispiel der so genannten Ordnungsparameter näher erläutern.
Dieses methodische Vorgehen wird im weiteren Verlauf dieser Einführung exemplarisch vor-
gestellt, um zu zeigen, wie äußerst unterschiedliche Problemstellungen mit diesem Modellie-
rungsschema bearbeitet werden können. Insbesondere wird es nach diesen sehr allgemeinen
und etwas abstrakten, wenn auch methodisch notwendigen Vorbemerkungen Zeit, sich den
verschiedenen Bereichen des Soft Computing näher und damit konkreter zuzuwenden.
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