Information Technology Reference
In-Depth Information
möglichst Punktattraktoren führen, die von den Benutzern als „richtige“ Antworten bewertet
und akzeptiert werden können. Beispiele für derartige Diagnosesysteme, die von uns zur medi-
zinischen Diagnose und auch zur Lösung literarischer Kriminalfälle entwickelt wurden, finden
sich unter anderem in Klüver et al. 2006.
1.4 Methodologische Schlussbemerkungen
Am Ende dieser allgemeinen Ausführungen zur Methodik und Anwendung von Soft-Compu-
ting-Modellen, die nach dem Prinzip des Bottom-up konzipiert sind, sollen einige Hinweise
erfolgen, die mehr an der wissenschaftstheoretischen Dimension von Computermodellierungen
auf dieser Basis orientiert sind. Der genaue Standort von Computermodellierungen im Kontext
theoretischer Forschungen ist nach wie vor klärungsbedürftig und nicht selten werden in etab-
lierten Wissenschaftsdisziplinen Computermodelle als theoretisch und methodisch eher zweit-
rangig angesehen - zweitrangig im Vergleich zu den traditionellen mathematischen Verfahren.
Hier können natürlich nicht die gesamten Fragen behandelt werden, die mit diesem Grundsatz-
problem verbunden sind; aus der Sicht unserer eigenen forschungspraktischen Erfahrungen
lässt sich jedoch gegenwärtig zumindest dieses sagen (vgl. zum Folgenden Klüver et al.
2003): 6
In den Wissenschaften, die sich insbesondere mit den Problemen sozialer und kognitiver Kom-
plexität befassen, sind einerseits die etablierten mathematischen Methoden der Modellierung
durch Differential- bzw. Differenzengleichungen häufig gar nicht oder nur in einfachen und
relativ uninteressanten Fällen anwendbar. Darauf haben wir oben bereits hingewiesen. So
wertvoll andererseits z. B. statistische Verfahren in der empirischen Forschung sind, so wenig
sind sie bekanntlich dazu geeignet, theoretisch fundierte Erklärungen zu liefern. M.a.W.: Für
die empirische Überprüfung theoretischer Modelle sind statistische Methoden generell unver-
zichtbar, aber die Modelle selbst, insofern sie theoretisch anspruchsvoll sind, bedürfen anderer
Formalisierungsmethoden, um brauchbare Erklärungen zu liefern. Aus den erwähnten Gründen
sind dafür bottom-up Modellierungen im Allgemeinen und Soft-Computing-Modelle im Be-
sonderen für Aufgaben dieser Art hervorragend geeignet. Insbesondere können sie die theoreti-
sche Forschung in folgenden Aspekten unterstützen:
1. Überprüfung von Theorien:
(a) Die Modellierung erzwingt eine genaue Auseinandersetzung mit den Theorien und deren
Überprüfung; dies ist vor allem in den Wissenschaften von hoher Relevanz, deren Theorien
gewöhnlich nur in informeller Weise oder sogar nur in metaphorischen Bildern formuliert
werden. In weiten Bereichen der Sozial- und Kognitionswissenschaften ist dies nach wie vor
der Fall. Die formale Operationalisierung durch computerbasierte Modelle deckt häufig auf,
dass die Gegenstandsbereiche nicht präzise genug beschrieben wurden.
(b) Transformationen der Theorien in Computermodelle können zeigen, dass die Theorie kor-
rektur- bzw. erweiterungsbedürftig ist. Bei rein verbalen Darstellungen entgeht nämlich häufig
der Umstand, dass bestimmte Annahmen nicht vollständig sind, dass auf wesentliche Faktoren
nicht geachtet wurde und/oder dass Begriffe verwendet wurden, die nicht präzisierbar sind.
(c) Die Konsequenzen von Theorien können häufig nur dadurch exakt überprüft werden, dass
die Theorien in Simulationen auf ihre eigenen Voraussagen hin getestet werden (siehe oben
6 Leserinnen und Leser, die primär an praktischen Verwendungen interessiert sind, können dies
Subkapitel auch überspringen.
Search WWH ::




Custom Search