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Etwas kompliziert wird ein derartiges Modell notwendigerweise dadurch, dass die Metaregeln
der zweiten Ebene selbstverständlich berücksichtigen müssen, dass auf der ersten Ebene stän-
dig Wechselwirkungen stattfinden, die Einfluss auf die Wechselwirkungen der zweiten Ebene
haben - zuweilen sind diese Wechselwirkungen der ersten Ebene Teil der Metaregeln auf der
zweiten. An zwei Beispielen in den nächsten Kapiteln werden diese Überlegungen verdeut-
licht, aus denen hervorgeht, dass die Modellierung von wirklich komplexen Systemen, wie
insbesondere sozialen, häufig leider nicht einfacher zu haben ist.
Dies kann man sich an einem einfachen und bekannten Beispiel aus dem sozialen Alltag ver-
deutlichen. Ein Schüler in einer Schulklasse, der die Position eines sozialen Außenseiters hat,
wird durch die entsprechenden Interaktionen - Missachtung, Hänseln etc. - wesentlich beim
Lernen gehindert. Die sozialen Interaktionsprozesse auf der Ebene 1 beeinflussen bzw. de-
terminieren die kognitiven Prozesse des Schülers auf der Ebene 2. Nehmen wir nun an, dass
dieser Schüler beschließt, seine Lernprozesse zu verbessern - z. B. durch den Einfluss von
Lehrern. Er wendet also auf der 2. Ebene Metaregeln an, d. h. Lernstrategien, und verbessert
damit seine kognitiven Leistungen vor allem in schwierigen Fächern. Dies ermöglicht ihm,
anderen Schülern Hilfestellungen vor Klassenarbeiten zu geben, was sein soziales Ansehen
steigert und die sozialen Interaktionen auf der 1. Ebene zu seinen Gunsten verändert. Wir ha-
ben damit eine klassische Rückkoppelung zwischen zwei Ebenen, die in unserem Beispiel eine
Variation der Interaktionsregeln bewirkt, einschließlich der Anwendung von Metaregeln auf
der einen Ebene.
Jedoch auch die Modellierung technischer Systeme kann derartige Erweiterungen des Modell-
schemas verlangen. Wenn z. B. bestimmte „Produktionsanlagen“, „Rechner“ oder „Verteilte
Systeme“ aus Einheiten bestehen, die ihrerseits als technisch komplexe Systeme aufgefasst
werden müssen, führt an Modellen der eben geschilderten Art häufig kein Weg vorbei. Die
modelltheoretische Beschäftigung mit Modellen dieses Typs ist von daher nicht nur für Sozial-
und Kognitionswissenschaftler hilfreich. Die Gesamtanlage eines Rechnerverbundes, d. h. die
Verbindungen zwischen den Rechnern, ist evidentermaßen davon abhängig, welche Prozesse in
den Rechnern ablaufen; entsprechend jedoch sind auch die Rechnerprozesse davon abhängig,
wie die Rechner miteinander verbunden sind.
So wie das Modellschema „nach unten“ erweitert werden kann, so kann man es auch „nach
oben“ fortführen. Gemeint ist damit, dass die Elemente einer ersten Ebene nach bestimmten
Gesichtspunkten aggregiert werden und diese Aggregationen sozusagen als Superelemente
einer zweiten Ebene definiert werden. Dies kann beispielsweise erforderlich werden, wenn
man die Entstehung sozialer Einheiten wie z. B. Firmen oder andere Institutionen durch die
Interaktionen sozialer Akteure (erste Ebene) modelliert und dann die Interaktionen zwischen
derartigen Einheiten als „kollektiven Akteuren“, wie dies in der Soziologie genannt wird, selbst
zum Gegenstand der simulativen Analyse macht. Die Modellkonstruktion geschieht in einem
solchen Fall natürlich entsprechend wie die im dargestellten Fall; wir werden auch dafür ein
Beispiel in einem späteren Kapitel geben.
Formal ist es auch möglich, beide Vorgehensweisen der Erweiterung zu kombinieren und da-
durch zu Drei-Ebenen-Modellen zu gelangen (vgl. Bild 1.6).
Dies führt dann allerdings zu Modellen, die selbst so komplex sind, dass ihr Verhalten nur
schwer zu analysieren ist. Es ist eine Frage des Forschungsinteresses, ob man derartige Model-
le noch für sinnvoll und notwendig hält. Nach unseren eigenen Erfahrungen reicht es in den
meisten Fällen aus, sich auf eine oder zwei verschiedene Ebenen zu konzentrieren.
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