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7 Resümee und Perspektiven
Die Modelle, die in den verschiedenen Kapiteln dargestellt wurden, sollten vor allem die
reichhaltigen Verwendungsmöglichkeiten von Soft-Computing-Modellierungen zeigen, wie
von uns immer wieder betont wurde. Natürlich müssen für jedes besondere Problem
entsprechend spezielle Algorithmen entwickelt werden - Regeln für ZA, Bewertungsfunk-
tionen für evolutionäre Algorithmen, Architekturen neuronaler Netze etc.
Dennoch ist hoffentlich deutlich geworden, dass das im ersten Kapitel thematisierte universale
Modellierungsschema nicht nur prinzipiell universal ist, sondern sich auch sehr praktisch in
extrem heterogenen Bereichen verwenden lässt. Es soll damit nicht gesagt werden, dass die
klassischen mathematischen Verfahren der Modellbildung und Simulation überflüssig werden.
Eine derart extreme Position, wie sie insbesondere Wolfram (2002) in Bezug auf ZA vertritt,
ist aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht haltbar und auch nicht empfehlenswert, da sich
viele Probleme sehr erfolgreich mit der klassischen Mathematik der Differential- und
Differenzengleichungen bearbeiten lassen. Dies gilt insbesondere dort, wo es sich um große
Daten-mengen handelt und Top-Down-Modellierungen der einzig praktikable Weg sind.
Die in dieser Arbeit gezeigten Vorzüge von Soft-Computing-Modellen kommen vor allem da
zum Tragen, wo komplexe Probleme der natürlichen, technischen, sozialen, wirtschaftlichen
und kognitiven Realität eine möglichst enge Orientierung an den realen Problembereichen
verlangen. In diesen Bereichen kann man häufig nicht mit hohen Aggregierungen operieren
und dort liegen die Stärken der hier behandelten Modelle. In diesem Sinne ist es zu wünschen,
dass am Soft Computing orientierte Vorgehensweisen eine relative Gleichberechtigung im
Spektrum mathematischer Verfahren zur Modellbildung und Simulation erhalten.
Vor allem zu den gebrachten Beispielen sind allerdings noch einige systematische methodische
und wissenschaftstheoretische Erläuterungen erforderlich.
Bei manchen der Modelle werden nur relativ geringe Größenordnungen verwendet, was sofort
die Frage nach der Übertragbarkeit der einschlägigen Ergebnisse auf wesentlich größere
Systeme nach sich zieht. Sofern jedoch bewusst mit kleinen Modellen gearbeitet wurde, lag
dies an den entsprechenden Problemen, die keine wirklich großen Systeme erforderten. Andere
Modelle wie etwa OPINIO und das Räuber-Beute-System operieren mit Tausenden von
Einheiten; diese stellen wesentlich komplexere Systeme dar. Darüber hinaus haben die
theoretischen Arbeiten zu Zellularautomaten, Booleschen Netzen und hybriden Systemen
gezeigt, dass man allgemeine Modelleigenschaften ungeachtet der Größe der Modelle sehr gut
studieren kann. Sehr große Systeme können technisch störanfälliger als relativ kleine sein; wir
gehen jedoch davon aus, dass die Modelle übertragbar auf andere, insbesondere größere
Systeme, sind. So wurde beispielsweise eines unserer Modelle, nämlich der SCCA, das die
Evolution von ganzen Gesellschaften simulieren soll, mit mehr als einer Million Zellen
getestet, die ihrerseits jeweils aus den Kombinationen neuronaler Netze bestehen, die im
letzten Beispiel im vorigen Kapitel dargestellt wurden. Die entsprechenden Ergebnisse waren
im Wesentlichen die gleichen wie bei einem Modell mit ca. 100 Zellen.
Die Modelle operieren außerdem häufig mit Werten, die nicht empirisch erhoben wurden,
sondern als unabhängige Variable „gesetzt“ wurden. Die Modelle haben demnach in diesem
Sinne einen hypothetischen Charakter, da sie vorwiegend dazu dienten, mögliche Prozesse in
den verschiedenen Bereichen in Simulationsexperimenten zu erforschen. Das besagt jedoch
nicht, dass die Modelle beliebig und damit ohne Aussagewert sind. Zum einen wurden, wie
bemerkt, einige der Modelle bereits empirisch validiert, d. h. mit empirisch erhobenen Daten
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