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6 Hybridisierungen der Basismodelle
Die allgemeinen Darstellungen sowie die Beispiele für die Basismodelle vor allem der Kapitel
2-4 haben bereits gezeigt, wie leistungsfähig die Verwendung eines der Soft-Computing-
Modelle sein kann. Diese Leistungsfähigkeit kann noch erheblich gesteigert werden, wenn man
zwei oder mehr der Basismodelle koppelt, also so genannte hybride Systeme konstruiert. In
Anwendung des allgemeinen Modellierungsschemas, das wir im ersten Kapitel dargestellt
haben, sind damit praktisch der Anwendbarkeit von Soft-Computing-Modellen keine Grenzen
gesetzt. Obwohl derartige hybride Systeme auf einen ersten Blick zuweilen etwas kompliziert
erscheinen und in der Implementation auch häufig sind, basieren sie letztlich auf einer Kombi-
nation von Techniken, die jede für sich genommen prinzipiell einfach sind. Vor allem jedoch
muss berücksichtigt werden, dass insbesondere die Modellierung sozialer und kognitiver Pro-
zesse in Problembereiche geht, von denen der Biologe Richard Lewontin bemerkte, dass diese
Probleme die der Molekularbiologie „trivial“ erscheinen lassen (Lewontin 2000). Darüber
hinaus erlauben hybride Systeme die im ersten Kapitel erläuterte Erweiterung des allgemeinen
Modellierungsschemas; es werden demnach nicht nur die Elemente und die Regeln der Wech-
selwirkungen auf der Basisebene, sondern auch die Elemente sowie (Meta)Regeln der zweiten
und ggf. der dritten Systemebene bestimmt. Die Systeme werden dadurch wesentlich komple-
xer, wie an einzelnen Beispielen gezeigt wird.
Die Koppelungen einzelner Systeme zu hybriden Systemen können prinzipiell auf zwei Weisen
erfolgen (vgl. auch Goonatilake und Kebbal 1995), nämlich durch horizontale und vertikale
Koppelungen, wobei diese beiden Möglichkeiten auch selbst kombiniert werden können (Klü-
ver 2000; Stoica 2000). „Koppelung“ bedeutet im Allgemeinen, dass die gekoppelten Systeme
Informationen austauschen, also z. B. Zahlenwerte oder andere Symbole, und mit diesen In-
formationen selbst weiter arbeiten.
Die eine Möglichkeit lässt sich als „horizontale“ Koppelung bezeichnen. Damit ist gemeint,
dass zwei „Basissysteme“ sozusagen arbeitsteilig vorgehen, indem jedes die Aufgaben erledigt,
für die es besonders geeignet ist. Nach erfolgten Operationen sorgt dann ein spezieller Algo-
rithmus dafür, dass die jeweiligen Einzelergebnisse integriert werden.
Eine der aktuell wohl besonders relevanten Verwendungen derart horizontaler Koppelungen ist
die Kombination von neuronalen Netzen mit Expertensystemen (Gallant 1993). Die Arbeitstei-
lung besteht in diesem Fall darin, dass die Netzwerke aus dem Training mit bestimmten Bei-
spielen Regeln generieren, also gewissermaßen die einzelnen Beispiele generalisieren, und die
generierten Regeln an das Expertensystem weiterleiten. Dies ist dann in der Lage, die Regeln
auf die jeweiligen praktischen Probleme anzuwenden. Das Interessante an dieser Hybridisie-
rung besteht vor allem darin, dass man damit das bekannte Problem der Wissensakquisition für
Expertensysteme bearbeiten kann. Wir haben bereits darauf verwiesen, dass hier ein besonders
schwieriges Problem bei der Konstruktion von Expertensystemen besteht, da menschliche
Experten gewöhnlich gut bestimmte Probleme lösen können, aber nicht immer angeben kön-
nen, wie genau sie dabei vorgegangen sind. Mit anderen Worten: Menschliche Experten kön-
nen zwar ihr Faktenwissen, jedoch nicht immer ihr Regelwissen explizit angeben. Neuronale
Netze, die an Einzelfällen trainiert werden, können hier wesentliche Hilfe leisten. Wie dies
prinzipiell geschieht, kann man sich an einem kleinen Beispiel, nämlich dem Lernen der logi-
schen Disjunktion klarmachen:
Das NN erhält zuerst ein Eingabemuster „a“ und lernt, dies Muster mit dem Muster „c“ zu
assoziieren. Anschließend wird es entsprechend trainiert, durch die Eingabe „b“ ebenfalls „c“
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