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Natürlich muss mathematisch genau unterschieden werden zwischen global und nur lokal
stetigen Funktionen. Beim SA jedoch zeigt sich, dass praktisch eine nur lokal stetige
Abbildung zwischen Lösungs- und Bewertungsraum sich wie eine global stetige Funktion
auswirkt, vorausgesetzt, die Anzahl der Singularitäten ist nicht allzu hoch. Eine Topologie, die
nur durch eine lokal stetige Funktion auf den Bewertungsraum abgebildet werden kann, wirkt
sich, wie man anhand einfacher Beispiele rasch verdeutlichen kann, immer positiv aus, wenn
die Anzahl der Singularitäten relativ zur Anzahl der möglichen Lösungen kleiner ist als die
Anzahl der Werte, die von dem Wert einer anfänglichen Lösung relativ weit entfernt sind.
Gibt es z. B. 10 Lösungen, deren Werte im Intervall von 1-10 ganzzahlig definiert sind, ist der
Wert der ersten Lösung W = 1, der zweiten W = 2 usf. und beginnt man z. B. mit Lösung Nr. 5,
dann ist deren Wert W = 5. Wählt man nun per Zufall eine zweite Lösung aus, dann ist die
Wahrscheinlichkeit p, eine Lösung mit einem nahem Wert (+1 oder -1) zu erhalten, offenbar
p = 2/9. Bei einer entsprechenden Topologie mit einer global stetigen Abbildung würde dage-
gen natürlich immer die Lösung 4 oder 6 selektiert werden. Falls diese Topologie nun eine
Singularität hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit p, diese als nächste Lösung zu erhalten, offen-
bar p = 1/9 und damit die Wahrscheinlichkeit, eine Lösung zu erhalten, deren Werte zur ersten
Lösung benachbart ist, p = 1 - 1/9 = 8/9. Man kann rasch ausrechnen, bei wie vielen Singulari-
täten sich eine bestimmte Topologie nicht mehr lohnt, oder umgekehrt gesagt, dass sich die
Definition einer passenden Topologie in den meisten Fällen lohnt.
Es sei jedoch noch einmal betont, dass auch diese Ergebnisse nicht einfach verallgemeinert
werden dürfen. Die Vielzahl der jedes Mal einzustellenden Parameter verbietet es schlicht, hier
generelle Aussagen zu treffen; insbesondere hat natürlich auch die Einführung von Topologien
beim SA nicht bewiesen, dass dies das immer beste Verfahren ist. Eine topologische Version
des SA wird vermutlich bei stark zerklüfteten Fitness-Landschaften nicht mehr so günstig
operieren (siehe Fußnote 18). Es gilt das, was wir am Schluss von 3.5 erwähnt haben: Man
wähle die Optimierungsstrategie, bei der man sich am meisten zu Hause fühlt.
Inhaltlich sei abschließend darauf hingewiesen, dass anhand dieser Modelle gezeigt wurde, wie
sich neue Dimensionen im Kontext der Subgruppenbildung eröffnen können: Gerade in derart
schwierigen sozialen Situationen, in denen sich das Experimentieren mit Jugendlichen aus sehr
vielen Gründen verbietet, kann anhand der Simulationsergebnisse vorsichtig getestet werden,
ob die vom Programm gefundenen Lösungen auch tatsächlich in der Realität funktionieren.
Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Betreuer in mehrfacher Hinsicht in die Gruppen-
situation involviert sind und nicht die nötige Distanz entwickeln können, um bessere Gruppen-
zusammenstellungen zu finden. In weiteren empirischen Untersuchungen ist die Validität der
Programme durch einen unserer Doktoranden mit zufrieden stellenden Ergebnissen bereits
überprüft worden. 19
Diese Beispiele zeigten, dass auch in sozialen Bereichen in gewisser Hinsicht Steuerungen
durch den Einsatz von evolutionären Algorithmen möglich sind. Selbstverständlich können
derartige Programme in der sozialen Praxis nur sehr vorsichtig eingesetzt werden, da bei derar-
tigen Prozessen auch noch andere Faktoren zu berücksichtigen sind, insbesondere Faktoren, die
mit den jeweiligen Persönlichkeiten zusammenhängen. Diese können jedoch auch durch Er-
weiterung der Programme in Betracht gezogen werden. Als Hilfestellung für Praktiker jedoch
können derartige Programme bald ebenso wichtig werden, wie es z. B. Expertensysteme in
zahlreichen Anwendungsbereichen jetzt schon sind.
19 Die Ergebnisse wurden mittlerweile in der Doktorarbeit von Matthias Herrmann veröffentlicht (vgl.
Herrmann 2008).
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