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freilich eine kaum noch überschaubare Fülle praktischer Anwendungen. Diese reichen von der
spieltheoretischen Analyse optimaler Handlungsstrategien (Axelrod 1987) bis hin zum Design
von Flugzeugtriebwerken (Holland 1992). Zusätzlich wird hier an einem Anwendungsbeispiel
gezeigt, wie ein GA, eine ES und ein SA miteinander verglichen werden. Dabei wird freilich
auch erneut deutlich, dass es praktisch unmöglich ist, generelle Aussagen über die relative
Leistungsfähigkeit der drei „naturanalogen“ Optimierungsalgorithmen zu machen. Da wir, wie
bemerkt, hinsichtlich des RGA gegenwärtig nur sehr vorläufige Aussagen machen können,
verzichten wir hier auf ein eigenes Beispiel, bei dem Optimierungen durch einen RGA vorge-
nommen wurden (vgl. jedoch Klüver und Klüver 2011). Wir überlassen es den interessierten
Lesern, sich vorzustellen, wie etwa die GA- und ES-Beispiele durch einen RGA bearbeitet
werden könnten.
3.6.1 Entwicklung eines Mehrkomponentenklebers durch eine ES
In der Technik finden Klebeverbindungen vielfältige Anwendung. Ein verbreiterter Typ Kleber
besteht aus mehreren Komponenten; die Basis ist eine Mischung aus einem flüssigen Harz
(z. B. Polyester oder Epoxid) und Härter, die nach dem Zusammenmischen innerhalb kurzer
Zeit zu einem festen Kunstharz erhärten. Die wichtigste Kenngröße eines Klebers ist naturge-
mäß seine Endfestigkeit f e .
Der Vorgang der Aushärtung kann durch bestimmte Stoffe, so genannte Beschleuniger, sowie
durch Temperaturerhöhung verkürzt werden; das wird durch charakteristische Zeiten (Topfzeit,
Zeit t e bis Erreichen eines bestimmten Anteils der Endfestigkeit o. Ä.) gemessen. Zum Verkle-
ben von weniger passgenauen Oberflächen mit größeren Spalten oder zum Ausfüllen von Ver-
tiefungen (z. B. bei Karosseriereparaturen) werden dem Kleber darüber hinaus Füllstoffe zuge-
setzt, die unter anderem eine höhere Viskosität v i des Klebers bewirken.
Zwischen den Parametern, die vom Anwender gewählt werden müssen, also zugesetzte Menge
von Beschleuniger oder Füllstoff sowie Arbeitstemperatur, und den erwähnten Kenngrößen,
also Endfestigkeit, Härtezeit und Viskosität bestehen bestimmte Beziehungen.
Im Beispiel wird angenommen, dass das Verhältnis von Harz und Härter konstant gehalten
wird. Nun soll es darum gehen, einen Kleber mit bestimmten Werten für die genannten Kenn-
größen durch die Zusätze und die zu wählende Arbeitstemperatur zu erzeugen.
Parameter und Kennwerte sollen als relative Größen, bezogen auf mögliche Maximalwerte, co-
diert werden. Die Konzentration von Beschleuniger c B und Füllstoff c X werden also auf die
(vom Hersteller) zugelassenen Maximalwerte bezogen und variieren deshalb zwischen 0 (kein
Zusatz) und 1 (maximal zugelassener Zusatz); die relative Temperatur T rel liegt ebenfalls
zwischen 0 (niedrigste) und 1 (höchste zugelassene Arbeitstemperatur). Entsprechend sollen
auch die Kennwerte zwischen 0 (minimale Werte) und 1 (maximal erreichbare Werte) codiert
werden.
Die gewünschten Eigenschaften des Klebers werden demgemäß als Zielvektor Z = (z 1 , z 2 , z 3 )
mit ( 0 z i 1) codiert. Mittels der ES sollen Parameter, also ein Vektor X = (T rel ,c B , c X )
gefunden werden, die zu einem Kleber mit Kennwerten führen, die möglichst nahe am Ziel-
vektor liegen. 11 Hier sei gleich angemerkt, dass ein beliebig gewählter Zielvektor keineswegs
11 Natürlich können die Optimalwerte im Prinzip auch durch Berechnungen ermittelt werden, wenn die
Beziehungen zwischen Kennwerten und Parametern exakt formuliert werden. Allerdings sind die
entstehenden - oft nichtlinearen - Gleichungen im Allgemeinen keineswegs trivial, vor allem, wenn
die Praxis die Berücksichtigung weiterer Parameter erfordert.
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