Environmental Engineering Reference
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Damit wird klar, dass das höchste sich in der Diskussion um Energie aus Biomasse
befindliche Gut das Interesse an sicherer und erschwinglicher Nahrung ist. Damit ist al-
lerdings noch wenig gewonnen, denn: Dass das Bedürfnis nach modernen Energietech-
nologien - so entscheidend sie auch immer für unser Leben sein mögen - geringer zu
gewichten ist als das Bedürfnis zu essen, ist absolut unstrittig und moralischer common
sense . Inwieweit sich jedoch die Gewinnung von Energie aus Biomasse im regionalen Um-
feld negativ auf die weltweite Nahrungssicherheit auswirkt, ist umstritten. Der Konflikt ist
damit weniger eine ethische, denn eine sachliche Streitfrage, die man nur unter Berück-
sichtigung ökonomischer und politischer Expertise beantworten kann.
Bei weiteren zentralen Interessen wie der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundla-
gen zeigt sich deutlich die Bedeutsamkeit des Referenzpunktes: Mit was wird die konkrete
Technologie von Energie aus Biomasse verglichen? Vergleicht man sie mit fossilen Ener-
gieträgern wie Erdöl, mit anderen erneuerbaren Energieformen wie Sonnenenergie oder
Windkraft oder vergleicht man Bioenergietechnologien untereinander? Auch hier zeigt
sich, dass über Energie aus Biomasse nicht im „luftleeren Raum“ gestritten werden sollte,
vielmehr werden die Resultate und Konklusionen je nach definierten Referenzpunkten
unterschiedlich ausfallen.
Kann die Matrix auch keine allgemeine Bewertung der Produktion und energetischen
Verwertung von Biomasse leisten, so kann sie doch dazu dienen, einen wichtigen Teil des
gesellschaftlichen Konfliktes mit relativ einfachen Mitteln transparent zu gestalten und
mögliche Probleme aufzuzeigen. Beispielsweise ist es möglich, die Matrix in Bezug auf
die Frage „Wie wirkt sich der Anbau und die energetische Verwertung von Biomasse in
Bayern auf die Interessen der Betroffenen aus?“ gemäß den Kriterien „mögliche positive
Auswirkung“ (grau), „keine Auswirkung bzw. aufgrund der großen Gestaltungsspielräu-
me schwer zu beurteilen“ (weiß) und „mögliche negative Auswirkungen“ bzw. „mögliches
Konfliktpotential“ (schwarz mit weißer Schrift) einzufärben (Tab.  4.4 ).
Selbstverständlich kann die Matrix auch dazu dienen, andere Fragestellungen transpa-
rent zu diskutieren und anschaulich zu visualisieren; so zum Beispiel: Welche Betroffenen
und ihre Interessen liegen in der unmittelbaren Verantwortung des Landwirtes, der regio-
nalen Politik oder der internationalen Politik? In der entsprechenden Matrix (Tab.  4.5 )
markiert die Farbe Grau den unmittelbaren Verantwortungsbereich des Landwirtes.
Hieran zeigt sich, dass der unmittelbare Verantwortungsraum des Landwirtes erheblich
geringer ausfällt als in der medialen und gesellschaftlichen Zuschreibung. Und selbst für
die markierten Bereiche kann keine ausschließliche Verantwortung, sondern lediglich eine
Mitverantwortung in unterschiedlichem Ausmaß festgestellt werden. An den in Tab.  4.5
markierten Feldern „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage“ wird nochmals deut-
lich, dass die soziale Verantwortung des Landwirtes zu einem bedeutsamen Teil über seine
Verantwortung im Umgang mit der Natur definiert ist.
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