Environmental Engineering Reference
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Sonstige (die je nach konkreter Situation zusätzlich Betroffenen) Die Identifikation
relevanter Betroffener und ihrer Interessen soll als offener Prozess verstanden werden. Die
vorliegende Studie hat beispielsweise einige zusätzliche betroffene Akteure identifiziert,
deren Interessen aber als nur bedingt ethisch relevant bewertet und daher in der Diskus-
sion nicht berücksichtigt wurden. Zu nennen sind hier z. B. Energieproduzenten (wie Pro-
duzenten von Windenergie) oder Futtermittelproduzenten. Diese oder andere Gruppen
können für die spezifische Situation des Landwirts jedoch durchaus von Relevanz sein.
Entsprechend ist der Punkt „Sonstige“ als Appell für eine selbstständige, weiterführende
Reflexion über mögliche Betroffene zu verstehen.
4.2.2
Sozialethische Matrix
Das folgende Schema (Tab.  4.3 ) fasst die von der Erzeugung von Biomasse zur energeti-
schen Nutzung Betroffenen und ihre hinsichtlich der drei ethischen Prinzipien Respekt
vor Wohlergehen, Respekt vor Autonomie und Respekt vor Gerechtigkeit zu diskutieren-
den Interessen in einer ethischen Matrix zusammen.
Lässt sich in Bezug auf ein Prinzip bei einer Gruppe kein relevantes Interesse feststellen,
bleibt die entsprechende Zelle leer.
Die Matrix vermittelt einen Überblick über die ethisch zu berücksichtigenden Aspekte.
Auf diese Weise liefert sie nicht nur einen ersten Eindruck der sozialethischen Dimension
der Problematik, seiner Vielgestaltigkeit und Komplexität, sondern kann zur Strukturie-
rung der Diskussion beitragen und die Transparenz der ethischen Begründungen erhöhen.
4.3
Diskussion der kulturellen Dimensionen
Die vorliegende Studie folgt der These, dass die gesellschaftliche Bewertung und Diskus-
sion von Bioenergietechnologien zu einem nicht unwesentlichen Teil durch kulturell-his-
torische Dimensionen und Wertvorstellungen geprägt ist. Die konfliktreichen Debatten
über Bioenergietechnologien sind demnach nicht nur Kontroversen um Chancen, Risiken
und technische Möglichkeiten, sondern Konflikte um Zukunftsvorstellungen und Gesell-
schaftsentwürfe. Sie stehen in einem engen Zusammenhang mit Fragen, in welcher Ge-
sellschaft wir leben wollen und welche Formen von Landwirtschaft wir in einer „guten“
Gesellschaft gefördert sehen wollen.
Fokussiert man eine ethische Begleitanalyse lediglich auf verallgemeinerbare Kriterien
einer methodisch kontrollierten Güterabwägung, so irritiert die ausgesprochen starke
Kontextabhängigkeit - Kritiker würden sagen: Beliebigkeit -, mit der von den unterschied-
lichen Akteuren in der gesellschaftlichen Konfliktarena auf kulturelle „Werte“ oder das Gut
„Tradition“ zurückgegriffen wird. Der Umgang mit historisch gewachsenen Traditionen
entzieht sich in der Tat einer bloß rationalen Abwägung. Zugleich macht die Diskussion
um die „Eingriffstiefe“ in die Landschaft bzw. in „die Natur“ deutlich, dass an dieser Stelle
zugleich der konfliktträchtige Kern des Problems liegen dürfte.
 
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