Environmental Engineering Reference
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wortungsbereich nationaler wie transnationaler politischer Bemühungen. Dies entbindet
den einzelnen Akteur jedoch nicht von seiner Pflicht, sie so weit und so gut wie möglich
in den Blick zu bekommen und sie - unter Berücksichtigung ihrer Unsicherheit - in der
ethischen Evaluation angemessen zu berücksichtigen.
Im Sinne einer offenen, adäquaten Debatte wäre auch hier notwendig, was im Rah-
men der Diskussion um die Nahrungssicherheit bereits Thema wurde: Es sollte nicht nur
über die etwaigen negativen Auswirkungen der Bioenergie auf die Situation in den Ent-
wicklungsländern diskutiert werden, sondern auch gefragt werden, ob und inwieweit auch
beispielsweise die fossile Energiewirtschaft oder unser aller Lebensführung zu Menschen-
rechtsverletzungen und Umweltschäden in den ärmsten Regionen der Welt beitragen.
Zukünftige Generationen Der Gedanke einer Verantwortung gegenüber zukünftig
lebenden Generationen geht nicht zuletzt auf den deutschen Philosophen Hans Jonas und
sein Werk „Das Prinzip Verantwortung“ aus dem Jahr 1979 zurück. Jonas diagnostiziert
darin, dass die traditionellen Ethiken den neuen, durch Technik erweiterten Handlungs-
möglichkeiten des Menschen nicht länger gerecht werden. Auf der Suche nach einer neuen
Ethik formuliert er einen kategorischen Imperativ, der ausdrücklich die Konsequenzen
unseres (technologisch erweiterten) Handelns für die Zukunft mit einbezieht: „Handle so,
dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten mensch-
lichen Lebens auf Erden.“ (Jonas 1984, S. 36).
Jonas fordert also dazu auf, unsere Handlungen und deren Konsequenzen unter ande-
rem daran zu messen, inwieweit sie das Interesse zukünftig lebender Menschen an einem
menschenwürdigen, gelungenen Leben positiv oder negativ berühren. Wenn wir als Men-
schen der Gegenwart beispielsweise die natürliche Umwelt schädigen und mit den uns
zur Verfügung stehenden Ressourcen verschwenderisch umgehen, leiden vor allem die
zukünftigen Generationen unter den Auswirkungen. Diese Ungleichheit zwischen Verur-
sachern und Leidtragenden wird als ungerecht angesehen. Wir sind demnach dazu ange-
halten, natürliche Ressourcen so zu nutzen, dass auch spätere Generationen noch einen
angemessenen Nutzen aus ihnen ziehen können. Die philosophische Kontroverse über die
Begründung einer Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen (beispielsweise
die Frage, inwieweit noch nicht existierende Lebewesen „Rechte“ haben können, die uns
normativ berühren) wird an dieser Stelle bewusst ausgeklammert (vgl. hierzu z. B. Birn-
bacher 1988).
Das Prinzip der intergenerationellen Gerechtigkeit - demzufolge zukünftige Genera-
tionen mit nicht weniger Lebensmöglichkeiten auszustatten sind als der gegenwärtigen
Generation zur Verfügung stehen - prägt bis heute maßgeblich die politische wie auch die
gesellschaftliche Debatte über Lebensführungsfragen im Allgemeinen und über Energie-
technologiefragen im Besonderen und schlägt sich beispielsweise im Konzept der Nach-
haltigkeit prominent nieder.
Für eine ethische Diskussion über Energie aus Biomasse bedeutet dies, dass sie um-
weltethische Kriterien berücksichtigen muss (vgl. Kap. 4.1): Als Basis jedes menschlichen
Wohlergehens und materielle Voraussetzung von Freiheit und Autonomie ist die Erhal-
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