Environmental Engineering Reference
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Regionale Nahrungsmittelkonsumenten könnten durch den Anbau von Biomasse in
ihrem Interesse an sicherer, hochwertiger und erschwinglicher Nahrungsversorgung be-
troffen sein. Dies wäre dann der Fall, wenn durch den Biomasseanbau zu energetischen
Zwecken zu wenig Flächen für den Nahrungsmittelanbau zur Verfügung stehen, die Nah-
rungsmittelpreise in Folge der Flächenkonkurrenz steigen würden und damit die lokale
Nahrungssicherheit gefährdet wäre.
Da Nahrungsmittel immer auch zu einem Großteil global gehandelt werden (beispiels-
weise ist der bayerische Nahrungsmittelmarkt stark durch den nationalen und globalen
Nahrungsmittelhandel geprägt), scheint nach gegenwärtigem Stand eine Hungersnot in
Deutschland selbst bei steigendem Flächenbedarf für die Bioenergieproduktion keine aku-
te Bedrohung zu sein. Auch ist z. B. Bayern für den Fall einer lokalen Krise zu bescheini-
gen, sich - zumindest auf einem bestimmten Niveau - selbst versorgen zu können.
Auch wenn das Eintreten einer regionalen Hungersnot unwahrscheinlich scheint,
muss eine solche Krise stets als grundsätzlich mögliches Szenario erkannt werden. In
diesem Sinne sind aus Sicht der regionalen Nahrungsmittelkonsumenten drei Fragen an
Bioenergietechnologien zu stellen: 1) Tritt das Herstellungsverfahren in eine potentielle
Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion? Herstellungsprozesse, die nicht potentiell in
Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion treten, sind hierbei aus Sicht der regionalen
Nahrungsmittelkonsumenten vorzuziehen. Zu nennen sind hier beispielsweise die ener-
getische Verwertung von landwirtschaftlichen Nebenprodukten wie Grünschnitt von
Hecken, Straßenbegleitgrün und Ähnlichem. Des Weiteren kann die Teilumstellung auf
Produktion von Bioenergie das Wohlergehen des Landwirts sichern, so dass dieser auf
dem anderen Teil weiterhin Nahrungsmittel anbauen könnte. Dieses würde die Zahl der
Nahrungsmittelproduzenten gleich halten, was sich positiv auf das Nahrungsangebot aus-
wirken könnte. 2) Kann die Kultur gegebenenfalls auch der Nahrungsmittelversorgung
dienen? Solche Pflanzen sind vorzuziehen, die sowohl als Nahrungsmittel oder Futter-
mittel als auch als Energierohstoff genutzt werden können. Je nach Notwendigkeit kann
dann der eine oder der andere Verwertungspfad eingeschlagen werden. 3) Fallen während
des Arbeitsprozesses Koppelprodukte an, die als Futter- oder Düngemittel indirekt wieder
in die Nahrungsmittelkette einfließen? 1 Derartige Herstellungsverfahren würden indirekt
der Nahrungssicherheit dienen.
Prinzipiell zeigt sich in der Diskussion einer möglichen Bedrohung der Nahrungssi-
cherheit durch Energie aus Biomasse ein Befund, der auch für die nachfolgende Diskussion
der Interessen internationaler Nahrungsmittelkonsumenten gilt: Das Konfliktpotential des
Energiepflanzenanbaus liegt in der Regel nicht auf der Ebene der Einzelentscheidungen,
sondern ergibt sich nicht zuletzt aus dem Umfang der Nutzung, sprich aus der Summe
der Einzelentscheidungen. Diese zu kanalisieren ist - wie bereits dargelegt - wesentliche
1 Hierbei sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Rohstoffen und Rest-
stoffen zur Energiegewinnung und der anschließenden tierischen oder pflanzenbaulichen Verwer-
tung anfallender Nebenprodukte (wie z.  B. eiweißhaltige Futtermittel, organische Dünger) zu be-
achten.
 
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