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Indem der Anthropozentrismus nur der menschlichen Gattung einen Eigenwert zu-
erkennt und die Natur auf einen rein instrumentellen Wert beschränkt, muss er, so seine
Kritiker, als maßgeblicher Mitverursacher der ökologischen Krise erkannt werden. Denn
„solange der Mensch die Natur ausschließlich funktional auf seine Bedürfnisse hin“ inter-
pretiert, wird er „sukzessive in der Zerstörung fortfahren“ (Spaemann 1979, S. 491).
Jedoch sind auch anthropozentrische Positionen in der Lage, einen verantwortungsvol-
len Umgang mit der Natur argumentativ zu fundieren. Die zentralen anthropozentrischen
Beweisführungen können hierbei wie folgt zusammengefasst werden:
• DamitdergegenwärtigwieauchderzukünftiglebendeMenschseineGrundbedürf-
nisse (wie Nahrung, Obdach, Gesundheit, Luft, Trinkwasser usw.) in der und durch die
Natur befriedigen kann, dürfen die natürlichen Ressourcen nicht ausgebeutet werden.
Man spricht hier vom sogenannten basic-needs -Argument. Darüber hinaus ist Natur
immer auch Ressource für Produkte, die zwar nicht zur Stillung von Grundbedürfnis-
sen, aber als Grundlage eines gelingenden Lebens notwendig sind.
• Das aisthesis -Argument (griech. „ aisthesis “: sinnliche Wahrnehmung) betont die Natur
als Ort und Möglichkeit der sinnlichen Wahrnehmung und als Quelle „angenehmer
körperlicher und seelischer Empfindungen“ (Krebs 1997, S. 368). Eine solche Naturer-
fahrung muss als eine „wesentliche Option guten menschlichen Lebens“ (ebd.) bezeich-
net werden, welche wir weder gegenwärtigen noch zukünftigen Generationen verweh-
ren dürfen.
• SchließlichmussNaturauchalsObjektunsererWissbegierdeverstandenwerden.Der
Mensch als das Wesen, das seine Umwelt verstehen will, sie untersucht, sie beobachtet
und über sie nachdenkt, verliert mit der zunehmenden Zerstörung der Natur auch eine
Fülle an möglichen Informationen und Studienmaterial. Natur befriedigt hierbei nicht
nur unser intellektuelles Interesse, ihre Prozesse dienen auch oftmals als Vorbild für
technische Entwicklungen (Rescher 1997, S. 179; Schäfer 1999, S. 41 ff.).
Es zeigt sich, dass anthropozentrische Positionen, wenngleich sie der Natur keinen Eigen-
wert zugestehen, imstande sind, gute und einsichtige Gründe für einen Schutz der Umwelt
zu liefern. Die Forderung, die Natur zu schützen und zu bewahren, gründet dem anthro-
pozentrischen Standpunkt folgend auf der plausiblen These, dass die Natur für den Men-
schen ein bedeutsames Gut darstellt und daher - nicht zuletzt mit Blick auf nachfolgende
Generationen - bewahrt werden muss. Die philosophischen Streitfragen dieser Position
(z. B. inwieweit wir eine Verantwortung gegenüber noch ungeborenen Menschen besitzen)
weisen damit in das Feld sozialethischer Überlegungen.
Nicht-anthropozentrische Umweltethiken Die (nicht unumstrittene) These der nicht-
anthropozentrischen Positionen lautet, dass nichtmenschliches Leben nicht nur als Mittel
für menschliche Interessen, sondern auch um seiner selbst willen Schutz verdient. Der
Mensch hat die Natur also auch jenseits seiner eigenen Interessenslage ethisch zu berück-
sichtigen. Die Engstirnigkeit des Anthropozentrismus, nur den Menschen als moralisches
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