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ostanatolishen Erzurum, gemeinsam mit zweitausend anderen Juden, Griehen und
Armeniern. Dreißig erfroren. Der Vater kehrte zurük, ein gebrohener Mann. Der
Sohn shwor: »Ih würde berühmt werden und reih. Alle sollten sehen, wie shleht
es war, so viele gute Menshen zu vernihten.«
Ishak Alaton ging nah Shweden, lernte Shweißer und wurde Sozialdemokrat.
Er kehrte zurük in die Türkei. Dann gründete mit einem Partner die Firma Alarko.
Heute ist er reih. Der bekannteste jüdishe Unternehmer der Türkei. Immobilien,
Bau, Tourismus. Sozialdemokrat ist er noh immer, und wenn er der jüdishen Ge-
meinde eines nahträgt, dann dies: »Lange war ihr einziges Ziel, auf keinen Fall be-
merkt werden. Mir war das ein Gräuel.« Alaton gründete politishe Denkfabriken,
warb für die Demokratie. »Die anderen dukten sih. Ih ging zum Fernsehen und
rief: ›Ih bin Jude.‹« Einmal, zehn Jahre ist es her, da rief ein Zushauer live in seiner
Talkshow an und wollte wissen, ob Alaton sih überhaupt als Türke fühle. »Meine
Familie lebt hier seit fünhundert Jahren«, entgegnete Alaton. »Und Ihre?«
Vertreibung und Verfolgung wie Griehen oder Armenier mussten die Juden hier
nie erleiden. Viele sind nah Israel ausgewandert. Die Zurükgebliebenen gaben sih
betont loyal. Die Gemeinde agiert als Lobby für die Türkei bei den einlussreihen
Glaubensbrüdern in den USA und in Israel. »Das bringt uns Pluspunkte«, sagt David
Ojalvo. Der fünfundzwanzigjährige Ojalvo arbeitet für »Şalom«, das jüdishe Ge-
meindeblat. Er behauptet: »Wir haben keine politishe Meinung. Wir halten uns
raus.« Wer die Redaktion im gutbürgerlihen Stadteil Tesvikiye besuht, muss sih
vor einer vergiterten Türe von einer Kamera beäugen lassen. Es hat Anshläge auf
Synagogen gegeben, 1986 und 2003 , viele Menshen starben. Ojalvo, dessen beste
Freunde Muslime sind, gibt dennoh dem Unternehmer Alaton reht, wenn der sagt,
Antisemitismus sei unter den einfahen Türken niht verbreitet, das Problem sei viel-
mehr die Diskriminierung durh den Apparat. Einerseits, kritisiert Alaton, benutze
der Staat seine vermeintlihe Großmut gegenüber den Juden als Propagandainstru-
ment im Ausland, andererseits hält er Gemeindeland beshlagnahmt, und es können
Angehörige von Minderheiten noh immer niht aufsteigen in Ministerämter oder
hohe Oiziersränge. »Ih will«, sagt Alaton, »dass die Türkei sih entshuldigt.«
Die Zeitung »Şalom« ist heute mehr als sehs Jahrzehnte alt und hat eine Aulage
von knapp füntausend. Die fünfzehn Redakteure bekommen kein Gehalt, David
Ojalvo studiert Medizin. Was ihm Sorgen maht: Viele junge Juden interessieren sih
niht mehr für die Gemeinde, wenn sie einmal ahtzehn sind. Der Kit brökelt. Das
Ladino etwa, die Sprahe der Ahnen. In frühen Jahren war die Mehrzahl der Artikel
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