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sion erlaubt: sprang hin und her zwishen Ernstem und Populärem, zwishen heat-
er, Film und Fernsehen. Übersetzte den »Faust« und das heater von Franz Xaver
Kroetz ins Griehishe, mahte Furore mit einem heaterstük gegen die Obristen-
junta, shrieb Drehbüher für den großen Filmemaher heo Angelopoulos. Und
eines Tages, so behauptet er, stand da eben Kostas Charitos in seinem Arbeitszim-
mer: dieser kleinbürgerlihe Athener Kommissar, der sih der heimlihen Herrshat
seiner Frau Adriani ebenso fügt wie den ewigen Maken seines Fiat Miafori. Kom-
missar Charitos mahte Markaris zum Kriminalshritsteller. Weil aber Markaris
ein leidenshatliher Menshenfreund und Weltverbesserer ist, deken seine Krimis
auh die kapute Seele der Gesellshat auf, in der sie spielen. Und so veröfentlihte
Markaris Buh über Buh, eines aber versagte er sih sein Leben lang: Nie shrieb
er einen Roman über Istanbul. Petros Markaris hate Angst. Vor seinen Erinner-
ungen. »Ih wollte mih niht verführen lassen, niht der Vergangenheit hinterher-
shlingern«, sagt er. Er musste erst siebzig werden, bevor er sih bereitfand. Dann
shrieb er »Die Kinderfrau«, das Istanbuler Abenteuer seines Athener Kommissars.
Die greise Maria Chambou - Markaris gab ihr den Namen seines eigenen Kinder-
mädhens - kehrt noh einmal aus hessaloniki nah Istanbul zurük, um alte Reh-
nungen zu begleihen. Rehnungen aus jenen Jahren, da die Zeit der Istanbuler
Griehen ablief, da die Zeit des kosmopolitishen Istanbuls ablief: Opfer eines shäu-
menden Nationalismus, der auserkoren war, der neuen Republik Fundament und Ze-
ment zu sein. Eine von Europa abgeshaute Ideologie, die den Justizminister Mahmut
Esat Bozkurt 1930 dazu trieb, auszurufen, Nihtürken häten lediglih das Reht,
»Diener zu sein, Sklave zu sein«. Entweder also einer erfand sih als Türke neu -
oder aber er ging.
Mehr als hundertausend Griehen lebten noh in den 1950 ern in der Stadt, die
sie seit Jahrtausenden als die ihre empfanden. Heute sind es gerade einmal zweiein-
halbtausend, so genau kennt die Zahl niht einmal das orthodoxe Patriarhat. Rum
nennen die Türken sie noh heute: Römer. »Das Istanbuler Griehentum ist tot, wir
haben es nur noh niht zu Grabe getragen«, sagt einer in der »Kinderfrau«. Der
erste Shlag kam 1922 , als der mit Griehenland vereinbarte Bevölkerungsaustaush
das Griehentum in Anatolien auslöshte. Nur Istanbul war von dem Abkommen
ausgenommen, die Griehen dort traf es erst drei Jahrzehnte später, im September
1955 , als der Geheimdienst ein Pogrom anzetelte und ein türkisher Mob einen Tag
und eine Naht lang Geshäte verwüstete, Frauen vergewaltigte und einige Christen
umbrahte. »Es war gespenstish«, erinnert sih Markaris, der sih am Tag danah
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