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sagte der Mann einmal, der seinen Ministern und Abgeordneten noh befahl, sih mit
ihren Frauen auf Bällen à la Paris und London zu amüsieren, wo diese dann steif und
peinlih berührt die Foxtrotshrite des Präsidenten nahstolperten. Atatürk legte
ein Tempo vor, dass selbst seinen Mitarbeitern shwindelig wurde. Für die Abshaf-
fung der arabishen Shrit zugunsten des lateinishen Alphabets veranshlagten sie
zwishen fünf und fünfzehn Jahren. Und das tat Atatürk: Auf einem Gartenfest im
Istanbuler Sarayburnu-Park hob er mit einem Glas Raki zu einem Toast an und
verkündete, die Shulen und Drukereien des Landes hätten nun genau drei Monate
Zeit, auf das Alphabet umzustellen.
Die streng Religiösen hassten ihn, weil er den Islam aus dem öfentlihen Leben
verbannte; Kurden hassten ihn, weil mit ihm die Zwangsassimilierung ihres Volkes
begann. Widerspruh duldete er niht, Kontrahenten fanden sih auf dem Shafot
wieder. Atatürk starb früh, mit siebenundfünfzig Jahren. Das Tempo, die Arbeit, die
Trinkgelage, sie forderten ihren Tribut. Er hinterließ ein Land, das bis heute an den
Widersprühen zu kauen hat, die in seinem Wesen, in seiner Politik angelegt war-
en: eine Nation, so modern und säkular wie keine andere islamishe; gleihzeitig ein
Land, noh immer durhdrungen vom Geist des Obrigkeitsstaates, geshlagen mit
einem Erbe von Unterdrükung und Willkür.
Ihm selbst ist nah seinem Tod etwas widerfahren, von dem man niht weiß, ob
es ihn mehr amüsiert oder verärgert häte: Sie haben ihn heiliggesprohen. Mustafa
Kemal ist in die Hände der Kemalisten gefallen, die seine Worte umgehend in Mar-
mor meißelten. Kein Büro, in dem einen niht seine Augen von der Wand herab
ixieren, kein Amt ohne seine Büste, kein Lirashein ohne sein Antlitz, kein Shul-
buh, in dem niht seine Reden festgehalten wären. Museen stellen seine seidenen
Shlafanzüge aus, »Vereine zur Bewahrung kemalistishen Gedankenguts« verteidi-
gen shrill das, was sie für sein Erbe halten, jedes Komma und jeden Brosamen, den
er einmal hat fallen lassen. Die Ortshat Damal in der Ostürkei wird jedes Jahr in
der zweiten Junihälte zu einem Pilgerort: Dann nämlih steht die Sonne so, dass der
Shatten eines Bergvorsprunges auf den Hang nebenan fällt - und als Sherenshnit
das Proil Atatürks auf den Fels zeihnet. Bis heute gibt es ein eigenes »Gesetz zur
Bewahrung des Andenkens Atatürks«, und wenn ein junger Burshe Farbe über eine
der unzähligen Atatürk-Statuen im Lande kippt, dann wird er noh im Oktober 2005
zu zweiundzwanzig Jahren Hat verurteilt. »Der aufgeklärte Türke«, so ein Seufzer
von Atatürk, »ist in der Tat ein einsamer Mensh in dieser weiten und verlassenen
Welt, die er seine Heimat nennt.«
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