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der Türkei wird sharf geshossen: a) im Krieg gegen kurdishe Terroristen, b) bei
Hohzeiten, c) nah Fußballsiegen. Im Falle von b) und c) sind es Freudenshüsse.
Niht, dass die weniger tödlih wären. Im Gegenteil. Eine Sonntagszeitung rehnete
unlängst vor, dass innerhalb von zweieinhalb Jahren dreitausend Türken ihr Leben
durh verirrte Kugeln ihr Leben verloren häten. »Mehr Tote als im gleihen
Zeitraum unter den US -Soldaten im Irak«, bemerkte die Zeitung troken. Die
Arhive sind voll mit tragishen Berihten über Bräute, die bei ihrer eigenen
Hohzeit ums Leben kamen, und von Anwohnern, die von ihren Balkonen
geshossen wurden. »Vorsiht vor dem Sommer!«, warnt die wafenkritishe Umut-
Stiftung: Im Sommer wird geheiratet, im Sommer wird Fußball gespielt, im Sommer
wird gestorben. Die Shützen zielen in den Himmel. Aber dort bleiben die Kugeln
normalerweise niht. Einer von sieben Türken besitzt eine Wafe. Neue Mitglieder
des Parlamentes bekommen zum Einstand eine Handfeuerwafe als Geshenk über-
reiht, die Parlamentarier veranstalten damit Shießwetbewerbe. Jeder zwanzigste
Autofahrer, so die Umut-Stitung, führt eine geladene Wafe im Handshuhfah
mit sih (weshalb unser Freund Levent seiner aus Hamburg stammenden Frau re-
gelmäßig in die Parade fährt, wenn die einem anderen Fahrer, der sie an der
Kreuzung sharf geshniten hat, mal wieder entsetzt den Vogel zeigen will: »Bist
du WAHNSINNIG ?«). Fast lehend der Appell der Stitung: »Die Türken müssen
lernen, wie man Spaß hat und gleihzeitig andere Leute am Leben lässt.«
Das staatlihe Religionsamt erließ eine Fatwa, in der es die Freudenshüsse zur
Sünde erklärte und die türkishen Männer aufrief, von solh tödlihen Mahoritualen
zu lassen. Dazu ein Abgeordneter der Regierungspartei: »Das ist unsere Tradition.
Wir sind eine Nation von Soldaten. Wir leben in einer unsiheren Weltgegend. Maht
bloß unserer Nation niht die Wafen madig!« Die Opposition ist niht besser. Der
CHP -Hinterbänkler Hasim Oral shate es kurz nah meiner Ankunt in Istanbul er-
stmals groß in die Zeitungen: Er hate bei einem Fußballspiel seines Vereins Den-
izlispor einem gegnerishen Spieler eine Wasserlashe ins Kreuz geworfen. Journ-
alisten ofenbarte er hinterher seine zerbrehlihe Seele: »Ih bin doh auh nur ein
Mensh. Meine Gefühle müssen respektiert werden.« Zu Hilfe kam ihm ein zweit-
er CHP -Parlamentarier, der an Orals zielgenauem Wurf mit der Wasserlashe nur
eines auszusetzen hate: »An seiner Stelle häte ih eine Pistole benutzt.«
Sinan zukt mit den Shultern. »Pferd, Weib und Wafe waren immer das Wihtig-
ste für einen Türken.« Sinan selbst hate in jenem Sommer weder Pferd noh Weib,
noh Wafe. Aber den Sieg gegen die Shweiz. In dem Moment war das noh besser.
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