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dem Fernseher sitzen. Zudem ist es draußen niht immer ungefährlih. Die Stim-
mung in türkishen Stadien begeistert vor allem die britishen Blut- und Sexblätter
immer wieder zu Shlagzeilen (»Welcome to the terraces of hell«), dass man meint,
sie hätten ihre Kriegsberihterstater losgeshikt. Fairerweise muss man aber darauf
hinweisen, dass die ot beshriebene Gewalt rund ums Stadion hier vor allem Opfer
unter den eigenen Leuten fordert. Als die Nationalmannshat bei der letzten WM
sensationell ins Halbinale einzog, da geriet die Nation außer Rand und Band - die
Bilanz der Polizei hernah: sieben Tote, die Autokonvois der jubelnden Fans unter
die Räder geraten waren, und vierundzwanzig Unbeteiligte mit Shusswunden. Die
Fußballer auf dem Feld dürfen da fast dankbar sein, dass sie, wenn's shleht läut,
bloß Münzen, Handys, Flashen und aus ihrer Verankerung gerissene Stadionsitze
nahgeworfen bekommen. Weil die Stadt drei Vereine hat, ist sehsmal im Jahr Der-
bytag. Polizei und Küstenwahe haben in besonders emotionalen Jahren auh shon
die Bosporusboote mit Galatasaray-Fans auf dem Weg ins Fenerbahçe-Stadion abge-
fangen und zur Umkehr gezwungen.
Dass der Begrif Torshuss in der Türkei ein zweideutiger ist, wurde shon
angedeutet. Erzählt sei von einem Fußballabend während der letzten Europameister-
shat. Shweiz - Türkei. Im Fernsehen: Basel. Wasser auf dem Shweizer Rasen.
Der Ball im Shweizer Tor. Wasser in den Augen der Shweizer Fans. Vor dem
Fernseher: Sinan und ih in einer Wohnung im Istanbuler Norden. Durh die Wände
Shreie: »Tooor!« Plötzlih ein lauter Knall. Sinan horht auf. Noh ein Knall, lauter
nun. Ein Dutzend Shüsse. Dann Stille. »Keine Angst«, sagt Sinan. »Das war nur
Shrekshussmunition.« Auf der anderen Seite der Wand wieder fröhliher Jubel.
Lauter als vorhin: Der Nahbar hat jetzt das Fenster auf. Ein rihtig lauter Knall.
Der Nahbar hat soeben aus dem Fenster geshossen. »Ein Alewit«, sagt Sinan. »Ein
ganz lieber Kerl. Deshalb wohl bloß Platzpatronen.« Mehr Shüsse vom Hang gleih
nebenan. Sinan lausht interessiert. »Eine Browning, neun Millimeter, shätz ih.«
Sharfe Munition diesmal. Zwei Shüsse nur. Sinan war bei der Armee, zwei Jahre
Krieg im Südosten, er kennt sih aus. Eine Salve aus der Ferne. Ih zuke zusam-
men. Sinan grinst. Wieder nur Platzpatronen. Dann springt auh er auf, aufgeregt:
»Das war jetzt ein Gewehr, ein automatishes Gewehr. Sharf …« Er shaut mih mit
großen Augen an: »Gibt's doh niht.« Rufe aus nah und fern sind zu hören. Die
Türkei hat gewonnen.
Türkishe Fußballregeln. Nr. 1 : Wenn die Türken verlieren, geht man als Gegner
in Dekung. Nr. 2 : Wenn die Türken gewinnen, geht man als Türke in Dekung. In
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