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nie als eine Verlängerung seiner selbst. Anders der Türke. Er ist heute so verwah-
sen mit dem Autositz wie einst mit dem Satel seines Pferdes. Der gezielte Shuss des
Feindes holte ihn da vielleiht runter, aber der Benzinpreis? Der bestimmt niht. Die
Türkei hat seit Jahren die höhsten Benzinpreise Europas. Und wenn shon. Zulet-
zt zahlten wir hier 1,91 Euro für den Liter. Die durhshnitlihe türkishe Familie
wiederum hat im Monat ein Einkommen von umgerehnet etwa neunhundert Euro.
Benzinpreise verdoppeln? Isst man halt nur noh halb so viel. Hauptsahe der Gaul
hat zu futern. Und so ist wie immer kein Durhkommen auf den Straßen. Weil die
Leute alle unterwegs sind. Zur Arbeit. Zum Nasenhaareshneiden. Zum Piknik.
Neun von zehn Pendlern fahren mit dem Auto zur Arbeit. Mit dem eigenen.
In gewissen Kreisen gilt es fast als unshiklih, sih in Bus und Bahn zu setzen
(»Kannst du dir kein Auto leisten?«). Es gibt Straßen in Istanbul, die große Teile
des Tages über praktish zu Parkplätzen werden: Nihts geht mehr, niht vor und
niht zurük. Wenn doh was geht, dann werden alle so hibbelig und panish, dass
man siher sein kann, sih mit folgenden Aktionen den kollektiven Zorn der anderen
Fahrer einzufangen: a) Bremsen am Zebrastreifen; b) Bremsen überhaupt; c) Halten
an bestimmten roten Ampeln, die im kollektiven Bewusstsein der Istanbuler Auto-
fahrer ofenbar bloß Straßenshmuk, auf keinen Fall aber Teil irgendeines Regel-
werks sind. Woran man diese Shmukampeln von den ernst zu nehmenden unter-
sheidet, ist mir bis heute niht ganz klar, sodass ih sehr zum Missfallen der Lawine
hinter mir noh immer an allen roten Ampeln bremse. Gut erinnere ih mih an mein
erstes Mal. Ein zorniges Hupkonzert hub an, um mih nah vorne zu treiben. Als ih
standhat auf mein Grün wartete, war ein mit kopfshüttelnden Beamten besetzter
Polizeiwagen der erste, der aussherte, mih überholte und über die rote Ampel bret-
terte.
Man darf übrigens froh sein, wenn es beim Hupkonzert bleibt. In der Zeitung diese
Meldung: Zwei Autos bedrängen einander auf der engen Uferstraße. Insassen steigen
aus. Streiten, brüllen, gehen aufeinander los. Am Ende werfen die einen die anderen
ins Wasser. Zwei Brüder ertrinken.
Shon mal die Leute pikniken gesehen in Istanbul? Auf Verkehrsinseln, um die
herum ahtspurig der Bär tobt? Im Wald rollen die Istanbuler auh gerne ihre Pik-
nikteppihe aus - aber nur, wenn der um die Autos herum geplanzt ist. So wie
der Belgradwald zum Beispiel, das Naherholungsgebiet im Norden der Stadt, das Sie
daran erkennen, dass zwishen all den Fiats, und Renaults, die ihre geöfneten Türen
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