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Eisblau
Steht ein Shif im Shlafzimmer. So beginnen Geshihten in Istanbul. Für die Be-
wohner der Yalı , der Ufervillen, ist es eine Urangst: Man waht auf und ein Öltanker
hat sih bis zur Betkante gebohrt. An einem Nahmitag im Mai wurden wir bei
uns in Yeniköy selbst Zeugen einer solhen Havarie. Auf der Straße vor ihrem
Haus stand die Shauspielerin Oya Başar und berihtete einer Traube von Reportern
aufgeregt, was ihr eben widerfahren war. Hinter dem Haus, auf der Bosporusseite
lag mit Shlagseite, quasi auf der Terrasse, das aus Bulgarien kommende Shif Ella
J, ein hundertfünfzig Meter langer Frahter, der sih durh die Uferbrüstung gebohrt
hate. 10782 Brutoregistertonnen, die knapp einen Meter vor dem Balkon des alten
Holzhauses zum Stehen gekommen waren.
Der Bosporus ist eine der gefährlihsten Wasserstraßen der Welt. An der Oberlähe
ließen seine Wasser vom Shwarzen Meer hinunter zum Marmarameer, tauht man
aber fünfzehn Meter in die Tiefe, dann kann man sih in die entgegengesetzte Rih-
tung, von Süden nah Norden, treiben lassen: Dort ließen die Wasser des Mitel-
meeres, sie enthalten mehr Salz und sind shwerer. Vertrakte Strömungen, Strudel
und sharfe Kehren, durh die sih Tag für Tag hundertfünfzig Tanker und Container-
shife winden. Miten durh eine Millionenstadt. In dem Monat, in dem ih in Istan-
bul eintraf, kam ein Erdgastanker gerade mal fünfzig Meter vor dem Dolmabahce-
palast zum Stehen. Das Ruder war ausgefallen. Die Istanbuler dahten sofort an 1979 .
Im November jenes Jahres rammte ein griehishes Shif den rumänishen Öltanker
Indepenta. Der Tanker brah auseinander, das Meer stand in Flammen. Die erste Ex-
plosion ließ die Sheiben im Topkapıpalast bersten, noh die zweite, drei Wohen
später, ließ Feuer auf Istanbul regnen.
Die Türkei shlägt regelmäßig Alarm, aber ihr sind die Hände gebunden. Das Ab-
kommen von Montreux erlaubt Handelsshifen jeder Nation freie Fahrt durh den
Bosporus. Die Türkei kann die Kapitäne niht einmal dazu zwingen, Lotsen an Bord
zu nehmen. Als der Vertrag 1936 unterzeihnet wurde, da passierten keine vier-
tausend Shife im Jahr den Bosporus. Heute sind es mehr als zehnmal so viele, und sie
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