Travel Reference
In-Depth Information
verkaut. Bei dem gehst du rehts an der Tür vorbei. Am Ende der Gasse dann siehst
du Cems Zeitungskiosk. Rihte Cem meine Grüße aus und sag ihm, ›Ahmet Abi von
oben‹ habe dih geshikt. Dann wird er dir weiterhelfen.« Niht selten wird Cem
vom Kiosk den Fragenden sogar an die Hand nehmen und zu seinem Ziel geleiten.
So mahen das ot auh die Taxifahrer: Der eine fragt den anderen, den vom lokalen
Taxistand, worauhin der ot den Fragenden in Shlepptau nimmt und erst kurz vorm
Ziel abdreht. Die Kunst besteht also darin, immer einen Wissenden zu inden. Also
auh am Frankfurter Hauptbahnhof am besten einen Türken. Diese Kunst ist deshalb
von großer Bedeutung, weil es zu untersheiden gilt zwishen dem Wissenden und
dem Sheinwissenden: Eine Antwort erhält man nämlih immer. Kein Türke wird
eingestehen, dass er den Weg niht kennt. Er wird lieber sagen: »Da hinten um die
Eke« als: »Weiß niht.« Da liegt ja eh die halbe Welt, da hinten um die Eke. Woll-
ten die Türken überhaupt je nah Konstantinopel, oder hat sie damals auh einer in
die falshe Rihtung geshikt? Wenn's so wäre, keiner würde es zugeben.
Ein Problem ist es allerdings, wenn keiner da ist, den man fragen könnte. In diese
unangenehme Lage versetzt Mehmet Akif Ersoy, der Dihter der türkishen Nation-
alhymne, in seiner »Ballade vom Unglükskahn« den Kapitän eines Shifes im Mit-
telmeer. Der Kapitän hat keine Ahnung, wo es langgeht. Anders als unsere Taxi-
fahrer indet er tatsählih eine Karte an Bord - bloß zeigt die niht das Mitel-
meer, sondern das falshe, nämlih das Shwarze Meer. Um die Tragödie komplet
zu mahen, muss er shließlih feststellen, dass am Kompass auh noh die Nadel
fehlt. Da fällt auh einem türkishen Kapitän nihts anderes mehr ein als seiner
Mannshat das Gebet zu empfehlen. Der Dihter shrieb diese Parabel, um seiner
Republik den Spiegel vorzuhalten. Leider gukte die Republik niht hin, weil sie
gerade sehr beshätigt war, ihren Weg zu inden.
An Land hat den Türken früher noh der Instinkt ihrer Pferde geholfen. Dafür
gibt es heute Navigationsgeräte. Und siehe da, anders als im Falle der Stadtpläne hat
mit einem Mal ein jedes Taxi ein Navigationsgerät. Direkt vor der Nase des Fahr-
ers. Ein shönes Gerät ist das, hat einen kleinen Bildshirm, auf dem man verfol-
gen kann, wie ein kleiner Punkt sih durh die Straßen shlängelt. Aber Zieleingabe?
Wie? Was? Ih habe bis heute, ih shwöre es, keinen einzigen Fahrer erlebt, der je
sein Navi zur Zielindung benutzt häte, auh in der größten Not niht. Warum er
dann eines hat, der Taxifahrer? Weil alle anderen auh eines haben. Und weil es
sih hübsh maht. Wie das Glasauge am Rükspiegel und das blinkende Display des
Autoradios.
Search WWH ::




Custom Search