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sie an die Versprehungen der Moderne glaubt, dass sie ihren eigenen Sinnen niht
mehr traut. Espresso und Cappuccino haben in Istanbul heute natürlih auh ihre
Heimat gefunden in den Ablegern der bekannten internationalen Caféketen. Die er-
folgreihste türkishe Version einer solhen Kete ist Kahve Dünyası , »Welt des Kaf-
fees«, die mehr noh als für ihre Kafeebohnen für den Shokoüberzug berühmt ist,
in den sie einen Guteil dieser Bohnen stekt, außerdem für ihr Shokoladenfondue.
Und was das wiederum über die Türken aussagt, werden wir weiter unten erläutern.
Shließlih gilt es noh von einem Genuss zu berihten, dem die Regierung so erfol-
greih an den Kragen geht, wie dies in der Vergangenheit keinem Sultan je vergönnt
war, sodass man aus dem Staunen gar niht mehr herauskommt. Diese Zeilen sind
also als Nahruf zu lesen auf das Sigara keyi , das wohlige Sih-Aulösen in Ashe
und Rauh, das den Türken nah ihrer Ankunt in Konstantinopel zur zweiten Natur
wurde. »Man begreit niht, wie die Türken haben leben können, ehe die große
Erindung der Pfeife gemaht wurde«, notierte der preußishe Oizier Helmuth von
Moltke. Er shrieb gar die Wandlung der Türken vom quirligen Reitervolk, das be-
ständig im Satel lag, um Städte und Länder zu erobern, zum sesshaten Kultur-
volk der segensreihen Wirkung des Tabaks zu: Das heute »wesentlih sitzende« sei
doh vor allem das »wesentlih rauhende« Türkenvolk, shloss der sharfe Beo-
bahter Moltke und gewöhnte sih shleunigst selbst das Rauhen an, unter shati-
gen Platanen mit Blik auf Bosporus und Berge selbstverständlih.
Also, absolutes Rauhverbot in geshlossenen Räumen, in Bars, Cafés und Restaur-
ants seit 2009 . Ausgerehnet in der Türkei. Wo seit Jahrhunderten Pfeife und Zigar-
ete dem Manne so anverwahsen sind wie der Shnurrbart. Wo der Tabak seit al-
tersher niht »gerauht«, sondern »getrunken« wird, sodass er sih harmonish fügt
zwishen zwei Shluk Mokka oder Tee. Wo zum Himmel steigende Wölkhen ver-
glommenen Tabaks zur Landshat gehören wie die Minarete. Wo man sih bislang
die Augen rieb, wenn kein dihter Nebel in Kafeehäusern und Restaurants wall-
te. Wo das Rauhen den Leuten so sehr zur zweiten Natur geworden ist, dass es in
Ländern wie Italien die Redewendung gibt: »Er rauht wie ein Türke.« Wo sie einst
auf endlosen Feldern die Planzen für jenen herben »Turkish blend« anbauten, dem
manher Rauher noh heute nahtrauert. Tatsählih waren die Istanbuler Kafee-
häuser shon kurz nah dem Import des Tabaks aus Amerika »derartig verqualmt,
dass die Leute drinnen einander niht sehen konnten«, wie ein Zeitgenosse An-
fang des siebzehnten Jahrhunderts berihtete: »Plätze und ganze Stadteile stanken.«
Hauptsahe, man sah noh das Tavla , das Bakgammon-Bret.
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