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man hernah, fürs kahve falı , fürs Kafeesatzlesen. Hierzu bedekt man die Tasse mit
der Untertasse, wartet, bis der Satz erkaltet ist, dann stürzt man das Ganze um und
ergeht sih in ähnlih prophetisher Figurendeutung wie unsere Silvestergemeinsh-
at beim Bleigießen. Freunde mahen das ebenso für einen wie professionelle Kaf-
feesatzleserinnen. In Beyoğlu etwa gibt es neuerdings Cafés, wo man Mokka und
Séance im Doppelpak bestellen kann. Studenten der türkishen Kafeekultur wie
Psyhe werden an dem alten Spruh niht vorbeikommen: Fala inanma, falsız kalma.
(»Glaub bloß niht an die Wahrsagerei. Und glaub erst reht niht, auf sie verzihten
zu können.«)
Republikgründer Atatürk trank stets sade , shwarz. Er war ein leidenshatliher
Kafeetrinker, bis zu zwanzig Tassen sollen es gewesen sein am Tag. Aber zu
Atatürks Zeit waren die Keime des Niedergangs der Kafeekultur längst gesät. Das
Osmanishe Reih war zerfallen, der Jemen verloren. Das Land lag in Ruinen, hate
kein Geld mehr für Luxusimporte wie Kafeebohnen.
Und hier kam der Tee ins Spiel.
Angeblih waren es die Russen, die die Anatolier mit dem Teegenuss vertraut
gemaht haten. Bloß: Über Jahrhunderte waren die Russen und ihr Samowar die
Feinde Nummer eins des Osmanishen Reihes, ständig shlug man einander in
blutigen Shlahten die Köpfe ein, wobei es, zugegeben, nur in zweiter oder driter
Linie um die Frage ging: »Kafee oder Tee?«. Mit der Oktoberrevolution aber änderte
sih das Verhältnis shlagartig. Erst zog sih die russishe Armee aus den besetzten
Teilen Ostanatoliens zurük, dann leisteten die Sowjets den türkishen Truppen
Shützenhilfe beim Widerstand gegen Griehen und andere Besatzungsmähte und
shikten später Gold, Wafen und Berater nah Ankara. So shmeihelten sih auh
die Samoware ein in der neuen türkishen Hauptstadt, bis shließlih irgendein Min-
ister auf die Idee kam, dass man Tee - anders als Kafee - auh in der Türkei an-
bauen könne. Wenn er sogar in Georgien wuhs.
So befahl man den Shwarzmeerbauern, zuerst in der Region Rize, den Anbau
des Teestrauhs und den braven Patrioten im ganzen Land den Genuss ihrer Ernte.
Seither sieht es am Shwarzen Meer ein wenig so aus wie manherorts im Osten
oder Süden Chinas. Steile Hänge erheben sih dort direkt aus dem Wasser, Shwar-
zmeerorte liegen am Meer und in den Bergen zugleih. Haben unten Küste und oben
Almen und dazwishen einen von feuhten Nebeln genährten ewig grünen Garten,
durhsetzt von Goldkiefern und Haselnusssträuhern, gepolstert mit einer dihten
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