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eingeshlepptes Lehnwort übrigens. Überhaupt sind all die eingetürkten Franzosen-
wörter (ein Wörterbuh zählt gut füntausend von ihnen) ein zuverlässiger uell
guter Laune. Die Türken shreiben - sürpriz, sürpriz (das »z« wird wie ein »s«
ausgesprohen) - das Französishe viel einfaher als die Franzosen. Hier in Istanbul
fahren Sie gemeinsam mit Ihrem Kuzen im Asansör hinauf zum Kuaför und hin-
terher biten Sie im Café den Garson um ein paar Milföy mit Frambuaz . Das ge-
ht, seltener, auh mit deutshen Lehnwörtern, Warum die Türken allerdings aus-
gerehnet unsere Wörter Aysberg , Haymatloz und Marş ! (Ausrufezeihen wird mit-
gesprohen) eingebürgert haben, ist mir niht klar. Warum die Geshöpfe des Istan-
buler Nahtlebens zum Flört einladen, shon eher.
Niht vershwiegen sei, dass das Erlernen des Türkishen gemeinhin Mongolen und
Japanern leihter fällt als dem gewöhnlihen Miteleuropäer, hat es seine Wurzeln
doh im Altaigebirge, da, wo sih heute die Mongolei, China und Russland reiben.
Türkishsprehende verweisen gerne darauf, wie stringent und logish die Sprahe
aufgebaut sei. »Die Struktur des Türkishen - das hat was. Das hat Eleganz«, sagt
Pamuk-Übersetzer Chrisoph Neumann und sinnt dem Gesagten mit einem liebevol-
len Blik in die Ferne hinterher: »Das ist wirklih mal was ganz anderes.« Mal was
ganz anderes, stimmt. Auh wenn es dem Anfänger manhmal so sheint, als habe
sih die Sprahe ihre Logik auh dadurh erkämpt, indem sie jede Ausnahme lugs
zu einer neuen Regel erklärte. Ih habe auh shon mal Chinesish gelernt, und ih
inde: Das Türkishe ist ein weit härterer Broken als das Chinesishe.
Das Türkishe ist dem Indogermanen ein fremdes Tier. Es zu zähmen heißt, sih
eine neue Welt anzueignen. Eine Welt, die für das Wort »Ehre« gleih vier Begrife
kennt, aber auh für das »Herz« noh zwei (also doppelt so viele wie das Deutshe).
Es gibt im Türkishen eine eigene Vergangenheitsform für Dinge, die man niht
selbst gesehen oder bewusst erlebt hat, eine Vergangenheit aus zweiter Hand gewis-
sermaßen. Die Form ist vor allem dann niht ohne Reiz, wenn man sie auf sih selbst
anwendet: »Da soll ih ganz shön betrunken gewesen sein …« Es verleiht dem ei-
genen Tun eine ot niht unwillkommene Unshärfe und ist eine höhst praktishe
Form für Menshen oder Völker, die sih gerne von ihrem Tun in der Vergangenheit
distanzieren. Eine ähnlih praktishe grammatikalishe Form existiert auh für die
Gegenwart, nämlih die geniş zaman , die »breite Zeit«, die tatsählih von einer sol-
hen Weite und Absorptionskrat ist, dass sie unabhängig von der wahren Absiht
des Sprehenden praktish jeder Hofnung und jeder Vermutung der Zuhörenden
Raum lässt. Es ist eine Sonderform des Präsens, die interessanterweise gleihzeit-
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