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und es hallen noh einmal Fetzen der vertrauten Melodie durh die Gassen, ein Eho
alter Tage, und in ihren Büros heben die Menshen für einen Augenblik den Kopf
und bliken in unbestimmte Ferne.
Der Gebetsruf des Muezzin wiederum ist seit der Erindung elektronisher Au-
diotehnik auh niht von Pappe, zumal dem Mann zwar das Abspielen vom Ton-
band verboten ist, niht aber die künstlihe Verstärkung durh ein Megafon, von dem
er auh Gebrauh maht, und zwar so krätig, dass die weniger frommen Türken
sih bei jeder Gelegenheit gegenseitig in ihrem Verdaht bestätigen, die Muezzine
würden von Tag zu Tag die Lautstärke hohdrehen, um so insgeheim die Islamis-
ierung des Landes zu befördern. Es gibt mehr als dreitausend Mosheen in Istanbul,
ganze zweitausend von ihnen beshätigen Muezzine, deren Stimme und Musikalität
der Aufgabe hörbar niht gewahsen sind - diese deprimierende Shätzung stam-
mt vom Muti der Stadt persönlih, der seiner unmusikalishen Shar das Nahs-
itzen verordnet hat bei Gesangsdozenten renommierter Konservatorien. Dort aber,
wo die Könner arbeiten, hat der Gebetsruf seinen eigenen Zauber, dem sih auh
der Ungläubige niht entziehen kann, zumal, wenn man ihn an einem magishen
Ort erwartet wie auf dem Dah der alten Karawanserei im Basarviertel, auf welhes
man gelangt, wenn man den einen Kellner aus dem einen Restaurant indet, der den
Shlüssel dazu hütet. Da steht man dann über Istanbul, über Konstantinopel, über
Byzanz und mit einem Mal stürmen sie von allen Seiten über einen herein, die Geb-
etsrufe der ältesten und prähtigsten Mosheen des Landes. Meist presht einer vor,
dann antworten die anderen, nie ganz synhron, sie verstärken und beharken ein-
ander, greifen ineinander und galoppieren einander davon, bis sie im Shlusskanon
zueinander inden.
Ebenfalls der Religion entspringt die Tradition der Trommler im Ramadan (oder
Ramazan , wie die Türken sagen). Einst, als es noh keine Weker und keine Aygaz-
Wagen gab, zogen sie durh die Straßen, um die Istanbuler fürs erste Mahl des
Tages aufzuweken, shließlih darf kein Gläubiger mehr etwas zu sih nehmen, kein
Stükhen Brot und keinen Shluk Wasser, wenn der Morgen erst angebrohen ist.
Heute, da es längst Weker gibt und Leute dazu, die es mit der Religion niht mehr
so genau nehmen, ziehen die Trommler noh immer durh die Straßen, und das trit
niht nur auf Gegenliebe. Manhe Istanbuler freuen sih über die Bewahrung einer
Tradition, andere unterstellen den Männern, es gehe ihnen nur um das Trinkgeld,
das sie am Ende ihres Tagwerks oder am Ende des Ramadan an jeder Haustüre ein-
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