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noh die Körbe, die die Hausfrauen aus dem dritten oder vierten Stok herunter-
lassen, während unten der Bakkal steht, das bestellte Washpulver, Gemüse und Brot
hineinlegt und dafür die Münzen herausklaubt.
Der Simitci. Der Sesamkringel Simit ist für Istanbul das, was die Breze für Bayern
ist, und der Simit -Verkäufer ist das Istanbuler Pendant zum amerikanishen Teller-
wäsher: »Vom Simitci zum gemahten Mann«, das ist der türkishe Traum, und ih
habe mehr als einen getrofen, der ihn wahr gemaht hat, für mih am eindrüklih-
sten Hasan Saltık, der als junger Kurde vor dem Bürgerkrieg nah Istanbul loh und
den Fährpassagieren seine Simit verkaute, bevor er »Kalan Müzik« gründete, heute
eines der interessantesten Platenlabel der Türkei. Den Simit gibt es in Istanbul niht
in der Bäkerei, es gibt ihn beim Simit -Verkäufer. Früher haten die einen langen
Stok, auf den sie die Simit aufstekten, darüber hängten sie ein Tuh, denn Simit -
Kringel ißt man am besten warm. Heute indet man sie mit kleinen glasverkleideten
Wägelhen an Straßeneken und Fähranlegern. Manhe verkaufen zum Kringel ein
Päkhen Streihkäse, andere shenken aus einer hermoskanne Tee aus. Simit und
Tee sind das einfahste türkishe Frühstük. Wenn der Simit frish und knusprig ist,
kann es kein shlehter Tag mehr werden. Ein Zufall wird es niht sein, dass der Ret-
tungsring auf Türkish Can simidi heißt: »Lebenssimit«.
Der Usta. Der Meister. Meint aus dem Munde von Istanbuler Altlinken auh shon
mal Marx oder Lenin. Ansonsten: der Handwerksmeister. Ist shnell und diensteifrig,
klingelt ot shon zehn Minuten nah dem Anruf an der Tür. Serviceparadies Türkei.
Es hapert, wie beim real existierenden Sozialismus, eher am Abshluss. Der Usta
kommt gern ohne Werkzeug (»Haben Sie mal eine Leiter?«), aber zur Not sägt
ja auh das Kühenmesser. Wo man ein langes weißes Kabel bestellt hat, tut es
ihm auh ein kurzes shwarzes: »Brennt doh!« Daha ne istiyorsun? Mein Nah-
bar, ein Türke, renovierte neulih seine Wohnung. Als der Usta kam, der die Alu-
miniumverkleidung der Fenster anshrauben sollte, waren dem Nahbarn drei Dinge
wihtig: Er wollte erstens lange Shrauben, zweitens Kunststofpläthen zwishen
Shraube und Paneel und dritens um Himmels willen keine Kratzer auf dem Alu-
minium. »Hab ih ihm mehrfah gesagt. Und bevor ih zur Arbeit bin, hab ih's ihm
auh noh aufgeshrieben.« Als er von der Arbeit wiederkam, hate der Usta kurze
Shrauben ohne Pläthen verarbeitet und dabei mit dem Shraubenzieher das Alu-
minium tätowiert. Einem anderen Freund montierte der Tishler eine Tür, die drei
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