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Die arme Bahar Feyzan zum Beispiel. Hate wohl keine Ahnung, in welhen
Fetnapf sie da trat. Moderatorin beim Istanbuler Fernsehsender »Kanal 24 « eben
noh. Über Naht arbeitslos. Wegen eines Interviews. Wegen einer Antwort. Einer
ehrlihen Antwort. Mit was sie denn am meisten zu kämpfen habe bei Live-Sendun-
gen, wollte der Zeitungsreporter wissen. Die Antwort liest sih wie ein langer, lauter
Seufzer: »Am shlimmsten«, sagte also Frau Feyzan, »inde ih die Gäste, die Köl-
nish Wasser mit Zitronendut tragen. Ih ertrage das niht. Ih drite dann weg vom
hema, von der Sendung. Meine Nasenwurzel beginnt zu shmerzen.« Da war er,
der Fetnapf, ah was: das Minenfeld. Fristlose Kündigung. Wegen Kölnish Wasser.
Niht immer war das ein so heikler Stof. Viel begehrt nah seiner Erindung durh
den italienishen Parfümeur Johann Maria Farina im Köln des Jahres 1709 . Die mit
Rosenwasser verwöhnten Osmanen fanden shnell Gefallen an dem Destillat von
Bergamote, Limete, Orange und anderem Zitrusgewähs. »Odikolon« (nah »Eau
de Cologne«) nannten sie es zuerst; der Parfümeur Ahmet Faruki dann, der 1882 mit
der heimishen Produktion begann, gab ihm den Namen »Kolonya« (alttürkish für
Köln). Kolonya wurde shnell Volksparfum und Allheilmitel dazu: Kopfshmerzen?
Ein Spritzer auf die Shläfen. Beim Rasieren geshniten? Kolonya einmassiert. Es
gab eigene Kolonyaläden, die verkauten Flakons in Form eines Minarets oder eines
tanzenden Derwishes, die man stolz auf dem Fernsehapparat ausstellte. Bis heute
entrinnt man ihm niht. Im Kebapladen, beim Friseur, im Überlandbus, in privaten
Wohnzimmern - wer niht shnell genug die Hände wegzieht, der bekommt sie
in Kolonya gebadet. In ziemlih penetrantem Zeug - die anderen sollen shließlih
riehen, dass man sauber ist.
Längst aber gilt Kölnish Wasser als provinziell. Der in einer Kolonyawolke
einhermarshierende Türke entlarvt sih mitlerweile als Landei. Ebenso genügt
das Kodewort »Kolonya« heute, einen als ein solhes zu difamieren. Auh das
wurde der Moderatorin Bahar Feyzan zum Verhängnis: Sie hate ganz ofensihtlih
die Kölnish-Wasser-Shlaht zwishen zwei prominenten Kolumnisten vershlafen.
Oray Egin, Autor der Zeitung »Aksam«, hate den konservativ-islamishen Star-
journalisten Fehmi Koru im Frühjahr diesen Jahres sihtlih aufgebraht, als er ihm
den Spitznamen »Kölnish-Wasser-Koru« verpasste und arglistig nahshob, Fehmi
Korus Vater sei »im Kolonya-Geshät tätig gewesen« - womit er miten in den
türkishen Kulturkampf zwishen aufstrebenden Anatoliern und alter urbaner El-
ite zielte: In den Köpfen der alten Istanbuler nämlih löst »Kolonya« mitlerweile
unweigerlih die Assoziation »anatolisher Bauer oder Neureiher, womöglih noh
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