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Für Mercan Dede begann alles mit dem Klang der Ney , der Rohrlöte. Er war fünf
Jahre alt, als sie ihn zum ersten Mal in ihren Bann shlug. »Diese Töne damals, aus
dem Autoradio, habe ih nie wieder vergessen.« Es dauerte viele Jahre, bis er den
Klang wiederhören sollte, völlig unerwartet, in Istanbul. Mercan Dede, der damals
noh den bürgerlihen Namen Arkın Ilıcalı trug, ging am ofenen Fenster eines Kon-
servatoriums vorbei. Wieder laushte er »wie hypnotisiert«. Student war er, Geld
hate er keines, also kaute er ein simples Wasserrohr aus Plastik. Am nähsten Mor-
gen hate er seine erste Ney . Und weil er mehr über die magishe Flöte wissen wollte,
begann er zu lesen. Und las Mevlana. Für den alles mit der Klage der Ney beginnt.
»Höre die Rohrlöte und laushe ihrer Geshihte.« Das sind die ersten Zeilen von
Mevlanas großem Epos »Mathnawi«. Der Dihter singt vom Shmerz, der die Ney
zerreißt, seit sie aus dem Röhriht geshniten wurde, von ihrer Sehnsuht, wieder mit
ihrem Ursprung vereint zu sein. »Aus Feuer« seien die Töne der Ney deshalb, niht
aus Wind. Und Feuer trägt auh die Verse Mevlanas. Geshrieben hat er sie, nahdem
sein Freund Shams umgebraht worden war. Sehsundzwanzigtausend Verse an den
»ewigen Geliebten«: Got ist damit gemeint, aber wer suht, der indet hinter den
Zeilen auh den irdishen Geliebten. Sie seien »das Ekstatishste«, was die per-
sishe Sprahe je hervorgebraht habe, urteilte die große Sui-Expertin Annemarie
Shimmel. Mevlana hieß eigentlih Dshalaladdin. Ein Perser, der sih in Anatolien
niedergelassen hate. Weil seine Heimat die Stadt Konya in der heutigen Türkei
war, nannte man ihn später auh Rumi , den aus dem »Land der Römer«, also aus
Anatolien. Mevlana aber heißt nihts anderes als »unser Herr«, so sprahen ihn seine
Shüler an, die er im Suismus unterwies, in der mystishen Suhe nah Got.
Mevlana ist bis heute einer der meistgelesenen Dihter aller Zeiten. Auh im
Westen. In den USA sind seine Werke mehr als eine halbe Million Mal verkaut
worden; Popstar Madonna hat seine Gedihte gesungen. Niht shleht für einen
anatolishen Poeten aus dem dreizehnten Jahrhundert. Es ist heute etwas mehr als
ahthundert Jahre her, dass Mevlana geboren wurde. Und weil er an einem
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