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Hier haben die Istanbuler die Sommerfrishe gelernt, und hierher liehen sie noh
heute aus ihrer haotishen, lärmenden Stadt. Die Prinzeninseln sind ein Wunder.
Sind Istanbul und doh sein Gegenteil. Mit dem Shnellboot ist man hier in dreißig
Minuten. Und shon beim Betreten des Landungssteges verlangsamt sih der Sh-
rit. Um den ersten Shrei am Morgen streiten sih hier Hahn und Möwe. Hier
tun die Istanbuler Dinge, die ihnen in der Stadt im Traum niht einfallen würden.
Fahrrad fahren. Mit dem Möwenshrei aufstehen. Durh den Wald streifen und mit
jedem Shrit neue Gerühe einsaugen: Oregano, Rosmarin, wilder Waholder. Es
gibt keine Autos auf den Inseln. Kann sih das einer heute überhaupt noh vor-
stellen: ein Ort ganz ohne Autos? Wenn hier auf der Terrasse unter Zypressen die
letzten Gläser Wein getrunken und die Abshiedsworte gesprohen sind, dann sagt
die Gastgeberin: »Ih rufe Ihnen eine Kutshe.« Und dann rut sie eine Kutshe,
und bald hört man klappernde Pferdehufe auf dem Asphalt. Im »Hotel Splendid«
auf Büyükada hat shon Republikgründer Atatürk Bälle gegeben. Der Direktor zeigt
stolz das alte deutshe Silber. Im Kartenzimmer sitzen bejahrte Damen mit krummen
Rüken, hohtoupierten Frisuren und wahem Blik bei Tee und Zigarete um den
Kartentish, und es ist, als säßen und shwiegen sie hier shon seit hundert Jahren.
»Manhmal shaut nahts der verstorbene Pasha vorbei und inspiziert sein Haus«,
lüstert der Direktor und maht eine Kunstpause. »Dann unterhalten wir uns.« Die
gedämpten Gesprähe, das Traben der Pferde, die Straßenszenen wie in Zeitlupe, die
lutigen, heiteren Holzhäuser gehüllt in den Dut von Oleander, Geißblat, Bougain-
villea, Rosen und Jasmin - die Inseln sind ein Freilihtmuseum, ein Eho der Ver-
gangenheit. Und das liegt auh an den Menshen, denn hier und nur hier indet man
noh das kosmopolitishe Istanbul, das immer auh eine Stadt der Griehen, Juden
und Armenier war, bevor der nationalistishe Wahn dem ein Ende mahte.
Die Inseln führen zwei Leben. Eines im Winter und eines im Sommer. Im Winter
leben hier fünfzehntausend Menshen. Im Sommer zehnmal so viele. »Der Sommer
überwältigt uns«, sagt Bürgermeister Mustafa Farsakoğlu. Es explodiert die Zahl
der Istanbuler, die in ihre Häuser und Wohnungen hier ziehen. »Dazu kommen an
manhen Wohenenden hundertausend Tagesbesuher - unsere Infrastruktur aber
ist gerade mal für zehntausend ausgelegt.« Neun Inseln sind es, fünf davon bewohnt.
Gerade mal ahtundsehzig Beamte arbeiten für alle Inseln, gerade mal fünfzehn
Ordnungsbeamte patroullieren Strände und Straßen. Seine Gemeinde kriege kein
Geld von Ankara, sehe keinen Cent von den Touristen und erstike unter Shulden,
fünfmal so hoh wie ihr Budget, resümiert der Bürgermeister. Und gerade als man
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