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Vorschlag zu sagen haben und wie die
Sache allenfalls abzuändern wäre, be-
vor man (Parlament oder Volk) es
schlussendlich wirklich beschließt.
Ein Vernehmlassungsprozess dauert
im Allgemeinen mehrere Monate. Oft
wird ein neuer Vorschlag zurückgezo-
gen, weil man bereits in der Vernehm-
lassung merkt, dass er keine politische
Chance hat. Mutige Vorschläge haben
es deshalb in der Schweiz schwer.
Zum Ausgleichen der verschiede-
nen kulturellen Interessen hat man ein
kompliziertes System gefunden, dass
z.B. Initiativen nicht nur einem soge-
nannten Volksmehr unterstellt, son-
dern auch einem Ständemehr. Gefor-
dert ist also nicht nur eine Mehrheit
der Stimmen, sondern auch eine
Mehrheit der Kantone, damit Initiati-
ven in Kraft treten. Die großen Kanto-
ne (Zürich, Bern, Waadt) sollen die
kleinen nicht majorisieren, die Refor-
mierten die Katholiken oder die
Deutschschweizer die Romands und
Tessiner nicht überstimmen. Resultat
dieses weisen Systems ist oft, dass die
konservativen, beharrenden Kräfte die
fortschrittlichen majorisieren.
Trotzdem funktioniert das System.
Wenn in der Schweiz eine Neuerung
den komplizierten Weg geschafft hat,
ist ein Konsens vorhanden. Neuerun-
gen brauchen oft mehrere Anläufe.
Der Föderalismus wirkt manchmal als
Bremse, oft jedoch auch als Plattform
für Experimente. Es gibt immer wie-
der fortschrittliche Lösungen, auf Er-
ziehungsebene, in der Drogen-, Ge-
sundheits- und Asylpolitik, wo ein fort-
schrittlicher Kanton oder eine fort-
schrittliche Gemeinde einen neuen
Weg einschlägt und die anderen Kan-
tone interessiert zuschauen. Klappt es,
so werden die Fortschrittlichen ko-
piert, der neue Weg wird zum Stan-
dard auf Bundesebene.
Die Schweiz hat die fortschrittlichste
Drogenpolitik in Europa. Die ökologi-
sche Verkehrspolitik der Schweiz wird
heute von den Nachbarn nicht mehr
belächelt. Auch das Nein der Schweiz
zum EWR 1991 kommt allerdings aus
derselben Küche. Politische Systeme
haben ihre Vor- und Nachteile, das
schweizerische System nicht ausge-
schlossen.
26 Kantone hat die Schweiz, sechs
davon aus historischen Gründen soge-
nannte „Halbkantone“, d.h. sie entsen-
den nur je einen Vertreter in den Stän-
derat, die zweite Kammer des eid-
genössischen Parlaments. Diese Kam-
mer zählt deshalb 46 Mitglieder, ist je-
doch der anderen Kammer, dem Na-
tionalrat, gleichgestellt. Der National-
rat, die Volksvertretung, zählt 200 Mit-
glieder. Er wird proportional zur Stärke
der Parteien in den Kantonen gewählt.
Die Schweiz ist eine Referendums-
demokratie, d.h. das Volk hat durch
Initiative und Referendum direkten
Einfluss auf Verfassung und Gesetzge-
bung. Die Schweizer machen norma-
lerweise vier- bis fünfmal pro Jahr von
diesen Rechten auf nationaler, kanto-
naler und Gemeindeebene Gebrauch.
Die Stimmbeteiligung beträgt je nach
Vorlage zwischen knapp dreißig und
sechzig Prozent.
Vieles ist jedoch kantonal unter-
schiedlich geregelt. So sind im Kanton
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