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überblicken. Dienstmägden ist es ver-
boten, Seide und Korsetts zu tragen.
Soziale Belange interessieren den
Staat kaum, er hat kein Interesse an
gebildeten rebellischen Untertanen.
Wenn jemand „armengenössisch“
wird, ist der Schuldenturm oft die ein-
zige Abhilfe. Der Kampf gegen die
Armut prägt die Landbevölkerung.
Nirgends besser als in Ulrich Bräkers
Autobiografie „Der arme Mann aus
dem Toggenburg“ lässt sich nachle-
sen, wie ein Kleinbauer und Heimar-
beiter rackern musste, um zu überle-
ben, wie oft nur der Ausweg über den
Solddienst im Ausland blieb.
Wirtschaftlich entwickelt sich in
der Schweiz im 18. Jahrhundert die
Struktur, die dem Land sehr lange sein
Gepräge gibt: Im Norden und Osten
entwickelt sich Textilindustrie, in Genf
und im Jura die Anfänge der Uhrenin-
dustrie. In den Alpen bestaunen die
ersten Touristen, vornehme Herren
wie Goethe auf der „Grand Tour“, die
Berge und Seen. Das Mittelland wird
von der Landwirtschaft geprägt, die
Berner sind (noch) die Herren über
die Kornkammern der Waadt bis an
die Reuss.
Freiheitsbäume errichtet. Das Ober-
wallis muss auf die Vorrechte gegen-
über den französischsprachigen Un-
terwallisern verzichten. Das Toggen-
burg löst sich von St. Gallen, die Thur-
gauer erklären die Bevormundung als
beendet. Im Tessin nimmt unter dem
Druck der napoleonischen Truppen
die Herrschaft der Urner ein Ende, das
Livinental löst sich (endgültig) von der
Eidgenossenschaft. Eine „Befreiung“
ist nicht mehr nötig, die Unfreien in
der Eidgenossenschaft haben sich sel-
ber befreit.
Doch längst ist die Revolution zu
einem Machtkampf europäischer
Großmächte geworden und die alte
Eidgenossenschaft ist mürbe. Die Re-
gierenden sind kaum in der Lage, an-
gemessen auf die Situation zu reagie-
ren. Weder werden die kampferprob-
ten Reisläuferregimenter aus Frank-
reich und anderen Ländern zurückge-
rufen, um das Land zu verteidigen,
noch versucht die Tagsatzung der eid-
genössischen Stände (das Regierungs-
gremium) eine einheitliche Politik ge-
gen die Bedrohung zu entwickeln.
Frankreich zwingt Österreich, die „Cis-
alpinische Republik“ von Napoleons
Gnaden in Mailand anzuerkennen.
Das bündnerische Veltlin wird diesem
neuen Gebilde angehängt. 1797 folgt
die Annexion des fürstbischöflichen
Juras und Biels. Die Tagsatzung jam-
mert, unternimmt aber nichts. Trotz-
dem greifen französische Truppen ein.
Die Intervention richtet sich gegen
den einzigen noch funktionierenden
Machtfaktor, gegen die Republik Bern.
Am 23. Januar 1798 marschieren
Die moderne Schweiz
seit der Französischen Revolution
Die aus dem Mittelalter stammende
genossenschaftliche, föderalistische,
paternalistisch-obrigkeitliche Eidge-
nossenschaft weicht einer Ordnung
der „Einheit, Gleichheit, Brüderlich-
keit“. Die Revolution findet rasch An-
hänger in der Schweiz. Im Januar 1797
werden in Liestal (Basel-Landschaft)
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