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Nach der Reformation wurde Bern
mit Zürich zur führenden Kraft der Re-
formierten. Man schuf sich Zug um
Zug ein Umland im bernischen See-
land und Oberland, brachte das Aar-
gau und die Waadt sowie Gebiete
südlich des Genfersees unter Kontrol-
le, schlug die Savoyer und Burgunder
und wehrte erfolgreich eine große
Zahl von Versuchen fremder Eroberer
ab. Bern war bald Vormacht der Eid-
genossenschaft, herrschte vom Gen-
fersee bis zur Reuss und mischte in al-
len Händeln des mittleren Europas
kräftig mit.
Es bildete sich ein Patriziat, das sich
nach Frankreich orientierte, franzö-
sisch sprach und sich französisch-ab-
solutistisch und französisch-vornehm
gebärdete. Die schönen Repräsentati-
onsbauten der Patrizier in der Stadt
und im Umland bis weit in die Roman-
die und bis zur Reuss zeugen von der
Lebensart dieser Oberklasse. Man
hielt Hof und bereicherte sich als
staatlicher Vogteiinhaber auf Kosten
der Landbevölkerung.
Als der Sturmwind der Revolution
aus Frankreich herüberblies, war man
sich zwar der Gefahr bewusst und ver-
suchte, ihr als einziger „Stand“ konse-
quent zu widerstehen. Doch dieser
Herausforderung war auch das stolze
Bern nicht gewachsen, am Grauholz
nördlich der Stadt wurden die Berner
Streitkräfte entscheidend geschlagen.
Zum ersten und einzigen Mal in ihrer
Geschichte marschierten fremde Trup-
pen durch die Gassen der Stadt, der
Staatsschatz wurde geplündert, die
Bären wurden entführt, viele Patrizier
flohen. Bern wurde ein ganz gewöhnli-
cher Kanton.
Nach der Niederlage der Sonder-
bundstruppen im Jahr 1848 wurde es
zur Bundeshauptstadt gewählt, be-
kam aber nie mehr die Bedeutung, die
es vor der Revolution genossen hatte.
Der Wiener Kongress entschädigte
die Berner 1815 für den Verlust des
Aargaus und der Waadt mit dem Be-
sitz des Bistums Basel im Jura. Der
„Berner Jura“ bestand aus einem re-
formierten, bern-orientierten Südjura
und einem katholischen und rebelli-
schen Nordjura. Der Tausch brachte
kein Glück. Die Rebellion der Nordju-
rassier grenzte einige Male an bewaff-
nete Auseinandersetzungen und Gue-
rilla. Nach längerem Sträuben entließ
das Berner Volk und die Eidgenossen-
schaft den Nordteil durch klaren
Volksentscheid in die Selbstständig-
keit. Der jüngste Kanton der Schweiz,
der Kanton Jura, entstand 1976.
Wirtschaftlich wurde der Standort
Bern seiner Bedeutung kaum mehr ge-
recht. Es fehlt eine Wirtschaftskultur,
Stadt und Staat bezahlen dies durch
Provinzialisierung. Wirtschaftlich be-
findet Bern sich im unteren Mittelfeld
der Kantone. Große Unternehmen sie-
deln sich selten an und bernische Tra-
ditionsbetriebe verlegen ihren Fir-
mensitz nach Basel, nach Irland, in die
USA. Touristisch hat dies den Vorteil,
dass Bern und sein Umland weniger
zersiedelt sind als andere Städte und
Gegenden. Nur wenige Kilometer
vom Stadtzentrum entfernt findet man
sich mitten in satten, grünen Wiesen
wieder.
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