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sich für die Marktwirtschaft, und zwar in ihrer ungezügelten Form - »ohne Attribute«, wie er zu
sagenplegt.VorallemohnedasinDeutschlandsobeliebteAttribut»sozial«.DieWissenschaftler
MiltonFriedman( USA )undFriedrichAugustvonHayek(Österreich)sindseineneoliberalenSäu-
lenheiligen, entsprechend schätzt er auch die Markt-Fundamentalisten Ronald Reagan und Mar-
garet Thatcher.
IhmselberöffnetesichderWegindiePolitik1989durchdenZusammenbruchdesKommunis-
mus.AlsFinanzexpertegelangtederSohneinesPragerBuchhaltersindieFührungdesObčanské
Fórum(Bürgerforum),dasdenUmsturzbewältigte,unddanachindieerstepostkommunistische
RegierungderTschechoslowakei.KlauswarkeinDissidentundhatbisheutefürdieeinstigenRe-
gimegegner eher Spott übrig. So wurde er zum Gegenspieler des umgänglicheren Václav Havel,
der durch die »sanfte Revolution« als Präsident auf die Prager Burg gelangte, während Klaus die
konservativ-liberale Demokratische Bürgerpartei ( ODS ) mitbegründete und als ihr langjähriger
Vorsitzender auch zum Regierungschef aufstieg.
Havelgrauteesdamals,wieerspäterinseinenMemoirenschrieb,vordenwöchentlichenTref-
fen mit dem Premier, weil der ihn regelmäßig demütigte. Und Klaus trägt es seinerseits Havel
nach,dassdieserdasböseWortvom»Maia-Kapitalismus«indieWeltsetzte,umdieAuswüchse
der Klaus'schen Wirtschafts- und Finanzpolitik zu geißeln. Die Radikalreformen nach 1990, vor
allemdiePrivatisierungderStaatsindustrie,diemitspektakulärenBetrugsfälleneinherging,sind
in der Vita von Václav Klaus ebenso ein Eckpunkt wie sein Scheitern als Ministerpräsident durch
einen Parteispendenskandal im Jahre 1997.
Der Mann mag die Macht, keine Frage. In der Versenkung blieb er nach dem Rücktritt nicht
lange verschwunden. Er wurde erst Parlamentspräsident, 2003 dann Staatspräsident, im Parla-
mentnachheftigemKulissenkampfmitdergeheimenUnterstützungderKommunistengewählt.
Die Wiederwahl 2008 war begleitet von Bestechungsversuchen und Einschüchterungsmanövern,
sogar Pistolenkugeln wurden anonym verschickt. Die Mehrheit kam am Ende nur durch einen
sozialdemokratischen Überläufer zustande.
Václav Klaus scheut die Raufhändel nicht, und er ist auch nicht der Typus des Staatsmannes,
der auf Diskretion hält, sondern sucht im Gegenteil auf vielen Feldern größtmögliche Publizität.
Man spürt das schon an populistischen Anwandlungen, die ihm die Gunst der Boulevardpresse
eintragenundderBeliebtheitsquotedienlichsind.MallässtersichbeimTennisspielundmalbeim
NordicWalkingoderBergwandernfotograieren.MalwettertergegendieAbschaffungderGlüh-
birnen durch die EU -Kommission, mal gegen den Plan eines hypermodernen Neubaus der Na-
tionalbibliothek in Prag, den er mit eigenem Körpereinsatz zu verhindern versprach.
DasAmtdesStaatsoberhauptshatVáclavKlausniesoverstanden,dassesihmdenpolitischen
Kombattantenstatus verwehren würde, bloß weil er »im Interesse des gesamten Volkes« zu han-
deln gelobte. Dabei ist die tschechische Verfassung in dieser Frage der Aufgabenverteilung
eindeutig. Demnach hat das Staatsoberhaupt, das als Nachfolger der böhmischen Könige auf der
Prager Burg residiert, keineswegs so viele Befugnisse wie die Kollegen in Paris oder Washington,
die die Regierung führen. Aber es ist auch nicht so stark wie der deutsche Bundespräsident auf
repräsentative Aufgaben beschränkt. Laut Verfassung ist Tschechiens Präsident der Oberste Be-
fehlshaberderStreitkräfte,erernenntdenMinisterpräsidenten,dieoberstenRichterunddieMit-
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